Der Kampf des Zapatismus um das Leben

[Nachdem nun das Projekt der Zapatisten lucha por la vida die Phase der Realisierung erreicht hat, ist mehr als angebracht, dieses Projekt mit Sympathie und Solidarität von Herzen zu begleiten. Auf dieser Seite findest Du chronologisch den jeweils aktuellen Stand, die Quelle der Übersetzung und weiterführende geschichtliche Informationen zum Zapatismus. Sie wird regelmäßig ergänzt und erweitert werden.]

Inhalt

5.1.2021 La Jornada, Der Kampf des Zapatismus um das Leben

2.5.2021 An Bord gehen

30.4.2021 Visuelle Chronik der Übernahme eines Hochseeseglers

30.4.2021 Zur Theorie und Praxis

2. Mai 2021 Auf hoher See

20. Juni 2021

30. Oktober 2021: Delegation der zapatistischen Bewegung in Brüssel begrüßt

15. März 2022: Mexiko: Tausende Zapatisten mobilisieren gegen den Krieg und kratzen am Mythos seiner „Nichtexistenz“

La Jornada
Quelle: Magdalena Gómez, El zapatismo y la lucha por la vida

Im Oktober 2020 kündigte die Nationale Zapatistische Befreiungsbewegung eine erneute politische Initiative an. Sie stellt ein weiteres Bindeglied in 27 Jahren politischer Öffentlichkeitsarbeit dar, die ihren Widerstand und antikapitalistischen Kampf vorantreiben soll. Es fehlt hier an Platz, um näher auf die Historie einzugehen, es sei jedoch angemerkt, dass die EZLN 2001 mit dem Verrat am San Andrés Abkommen, das 2001 mit der indigenen Gegenreform formalisiert wurde, sich zurückzog, um die in den Räten der Guten Regierung zum Ausdruck gebrachte Autonomie aufzubauen. Sie verblieb nicht nur bei diesem historischen Projekt, sondern befasste sich auch in Versammlungen und Seminaren mit den Rissen im Kapitalismus. Die Erfahrungen der zapatistischen Stützpunkte wurden verallgemeinert und das Escuelita-Projekt in Angriff genommen. An ihm nahmen tausende Unterstützer und Anhänger, wie auch die Organisationen des Nationalen Indigenen Kongresses teil.

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Das zentrale Ziel dieses Projekts war es, der Organisation über die Grenzen des eigenen Territoriums Gehör zu verschaffen. Sie organisierte so in jüngster Zeit Zusammentreffen kämpfender Frauen, an denen Tausende aus unterschiedlichsten Ländern teilnahmen. Dort wurden die gravierenden Auswirkungen patriarchalischer Herrschaft diskutiert, die sich auch durch die Zunahme an Femiziden äußern. Wir nahmen den Vorschlag des Nationalen Indigenen Kongress ernst, wonach eine indigene Frau, María de Jesús Patricio Martínez, 2018 als unabhängige Kandidatin für die Präsidentschaft der Republik aufgestellt wurde. Ihre Wahl wurde nicht erreicht, doch trotz aller Hindernisse war ihre Tour durchs ganze Land ein triumphaler Erfolg, welche die Organisation herausforderte und die Situation der indigenen Völker sichtbar machte.

Nun, im Kontext der Pandemie, die unbarmherzig zeigt, dass das Leben des Planeten auf dem Spiel steht, fragten sich die Zapatisten, die dem nicht trennbaren Binom des Kampfes ums Leben und eines Lebens des Kampfes treu sind:

„Wen interessiert es, dass eine kleine, sehr kleine Gruppe Indigener gibt, die den Kampf aufgenommen haben? Der Grund dafür ist, dass wir leben. Dass wir trotz Paramilitärs, Pandemien, „Megaprojekten“, Lügen, Verleumdungen und Vergesslichkeit leben: d.h., dass wir kämpfen. Und daran denken wir ständig und dass wir den Kampf fortsetzen. D.h., dass wir weiterleben.

Und wir denken, wenn das Leben hier widersteht und nur mit Schwierigkeiten gedeiht, ist es den Menschen zu verdanken, die Entfernungen, Verfahrensfragen, Grenzen sowie kulturelle und sprachliche Unterschiede in Frage gestellt haben. Dank ihnen haben – vor allem die Frauen – Kalender und Geografie herausgefordert und besiegt. Und über all das dachten wir mit unserm gemeinsamen Herz nach. Und so kam es zu unserem Entschluss, dass wir diese Welten, die geographische Nähe und Ferne mit unserem Gehör, unseren Worten und unserer Anwesenheit in Verbindung bringen.

Diese Versammlung bekräftigte, dass verschiedene zapatistische Delegationen in die Welt navigieren und reisen. Wir suchen dabei nicht nach Unterschieden, wollen niemanden beleidigen, und wir fordern weder weder Vergebung noch brauchen wir Mitleid. Wir wollen herausfinden. was uns gleich macht… Wir werden 500 Jahre nach der Eroberung Mexikos, am 13. August 2021 in Madrid ankommen. Wir werden mit dem spanischen Volk sprechen, um ihm zu sagen, dass es uns nicht erobert hat, dass wir weiterhin Widerstand und Rebellion leisten und dass es nicht um Vergebung bitten muss “ (05.10.20).

In anderen Kommuniqués analysierten sie die Weltlage auf der Grundlage, dass der Kapitalismus die Achse der Einflussnahme auf die Völker, auf die Natur, auf Männer und Frauen unterschiedlicher Kulturen, Ideologien und sexueller Orientierung ist, dass Migration eine Folge davon ist, und dass die Unternehmen ebenfalls agieren, plündern und ebenso in allen Ländern ausbeuten.

Daher liegen die Lösungen nicht in den Regierungen, in den Nationalismen, in der Betrachtung der Vergangenheit. Diese Überlegungen fanden auch in den zapatistischen Gemeinden Zustimmung. In diesem Zusammenhang veröffentlichten sie am 1. Januar dieses Jahres eine „Erklärung… für das Leben“, die an die Völker der Welt und an Menschen gerichtet ist, die auf den fünf Kontinenten kämpfen. Sie wurden von der EZLN unterzeichnet und von zahlreichen Organisationen und Menschen unterstützt, u.a. in Griechenland, Deutschland, Frankreich, Baskenland, Österreich, Belgien, Bulgarien, Katalonien, Zypern, Schottland, Slowakei, England, Irland, Norwegen, Portugal, Tschechische Republik, Russland, Schweiz, spanischer Staat, Italien, Nigeria, Togo, Argentinien, Brasilien, Kanada, Chile, Kolumbien, Ecuador, USA, Peru und Mexiko. Es werden von Juli bis Oktober Treffen in Europa abgehalten (zu späteren Zeitpunkten in Asien, Afrika, Ozeanien und Amerika), an denen eine mexikanische Delegation teilnehmen wird.

Sie repräsentiert das CNI-CIG, die Front der Völker zur Verteidigung von Wasser und Land von Morelos, Puebla und Tlaxcala sowie die EZLN. Dies ist eine große aber unabdingbare Herausforderung. Laufende Megaprojekte und Gewalt gegen indigene Gebiete und Völker werden im Land fortgesetzt. Es wird deshalb notwendig sein, dass das globale Projekt des Kampfes ums Leben mit jenem in den nationalen Lebensräumen koexistiert.

Visuelle Chronik des Enterns eines Hochseesegler

Am 30. April 2021 besteigt die zapatistische Delegation den Hochseesegler La Montana bei den Isla Mujeres von wo sie 3. Mai 2021 ihre Passage nach Vigo (Nordspanien) beginnen werden.

Aus dem Tagebuch des Gatto Cane

An Bord gehen – L’arrembaggio

Tradução em portugês (Portugués)

Перевод на русский язык (Руский яэьик)

Am 30.April 2021 ging es an Bord des Hochseeseglers La Montaña. Das Schiff ankerte ungefähr 50 Meter vom Hafen und “ dem Durcheinander dieser falschen Gesellschaft“ entfernt. Lachende Möwen, Kormorane, Fregatten, Ibisse kreisten um sie herum, und sogar ein weißer und verwirrter Kolibri versuchte, auf dem Vordeck ein Nest zu bauen. Im Rumpf, unterhalb der Wasserlinie, trommelten Delfine eine Cumbia, ein Walhai hielt den Rhythmus mit seinen Flossen und der Mantarochen breitete seine schwarzen Flügel wie wirbelnde Hüften aus.

Die Gruppe der Freibeuter wurde von Subcomandante Insurgente Moisés angeführt, der mit seiner Truppe, der Insurgenta Tercia, einem Insurgenta-Fahrer und einem Mechaniker, einem Basisfahrer, 5 Terci@s, einer Kommandantin und zwei Kommandanten anwesend war, um die Delegation der Seefahrer, der Schwadron 421 zu begrüßen. Er überprüfte vor Ort, ob das Boot alles hatte, was für dieses nautische Epos notwendig war. Ein Support-Team der Sechsten Kommission assistierte beim Schreiben des Nachrufs der Gefallen in der Aktion.

Seitens der Besatzung gab es keinen Widerstand. Tatsächlich hatte der Kapitän zuvor befohlen, als Vormast ein großes Segel mit dem Bild zu hissen, das die zapatistische Seedelegation kennzeichnet, und so wurde La Montaña, einschließlich der gesamten Besatzung, im Kampf ums Leben eingereiht. An den kahlen Mästen des Schiffes funkelte das Symbol des zapatistischen Deliriums umso eindringlicher.

Stellen wir also fest, dass es war ein einvernehmliches Boarding gab. Kein Aggressionsversuch der zapatistischen Truppen oder ihrer bgleitenden Gastmarine. Und man könnte sagen, dass zwischen uns und der Besatzung der La Montaña eine Art Komplizenschaft bestand. Obwohl sie auf den ersten Blick genauso überrascht waren wie wir.

Vorbereitung auf die Praxis der Aktion

Wir wären aber so stehengeblieben und hätten uns weiter angestarrt, wäre da nicht vom Heck her ein Insekt herangeschwirrt, das einem Käfer ähnelte, das schrie: „Entern! Wenn es zuviel sind, dann weglaufen. Sind es wenig, dann verstecken wir uns. Und wenn niemand da ist, Adelante, Avanti, Vorwärts, zum Sterben sind wir geboren.“ Das hat alles entschieden. Die Besatzung sah das kleine Insekt erstaunt an und wir … wussten nicht, ob wir uns für den Überfall entschuldigen oder uns dem Angriff der Piraten anschließen sollten.

Alle besichtigten das Schiff und konnten nur schwer Freude und Begeisterung verbergen: Wie Karibische Königinnen grüßten die Compañeras Delegiertinnen vom Backbord aus die Boote voller Touristen, welche sie voller Neugier und schockiert ansahen, vielleicht erstaunt, dass sie bei dieser Hitze lange Röcke tragen. Vor allem deshalb, weil die Touristinnen Bikinis trugen, und halb nackt so etwas unglaublich fanden. Marijose ging zum Bug und betrachtete von dort aus das Haus der Ixchel und dachte für sich, die Hyper-Ultra-Minishorts nicht anzuziehen denn es ging nicht darum, die Städterinnen in Sachen sensualité. zu beschämen.

Die KommandantInnen David und Hortensia gaben Lupita letzte Ratschläge, deren Lächeln über die Gesichtsmaske hinausging. Kommandant Zebedeo sprach vor sich hin: ´mir wird nicht schlecht, mir wird nicht schlecht´, das vom SupGaleano empfohlene Mittel gegen Erbrechen.

Die terci@s (4 Männer, eine Compa und eine Aufständische) ihrerseits machten Fotos und Videoaufnahmen von allem. Und wenn ich ´von allem´ sage, dann ist alles gemeint. Daher staunen Sie nicht, wenn auf den Fotos nur Luken aufscheinen, Seile, die Ankerkette, Ankerwinde, Bojenreep, Planen, Eimer zum Ablassen des Wassers und andere Dinge die für ein Schiff typisch sind, das sich bereit macht, für eine sehr edle Mission den Atlantik zu überqueren, nämlich einzufallen, ich meine zu erobern, ich meine um Europa zu besuchen.

Marcelino und  Monarca fragten um den Maschinenraum und ich weiß nicht woher sie einen Werkzeugkasten zum Vorschein brachten und mit Zangen und Schraubenziehern versehen gingen sie dorthin, wo ihrer Meinung nach der Motor zu finden sein müsste und sie erklärten einem sprachlosen Kapitän dass sie dem Ton entnahmen, dass der Motor gewartet werden müsste. Bernal und Felipe (Ersatz für Dario – der wegen der Passbesorgung für seine Kinder an Land bleiben musste- 49 Jahre, ursprünglicher Tzeltal, sprichst fließend tzeltal und spanisch, 4 Kinder, der älteste ist 23 Jahre alt, der jüngste 13 – er war Miliciano, Sergeant, Lokalverantwortlicher, autonomer Rat im MAREZ, Rat der Guten Regierung, Maestro der Kleinen Zapatistischen Schule und Chauffeur. Lieblingsmusik: romantische Musik, Rancheras, Bands, Cumbia, revolutionäre. Lieblingsfarben: schwarz, blau und grau. Er bereitete sich 6 Monate darauf vor, Delegierter zu werden. Freiwilliger für die Schiffsreise, falls jemand ausfallen sollte. Maritime Erfahrung: keine). schlossen sich dem zapatistischen Mechanikerteam an (damit auf Hoher See keine Reparaturen anfallen). 

Nachdem sich die Besatzung von La Montaña von der Verwirrung über ein so anderes Boarding erholt hatte, verteilte sie sich strategisch an Deck, um zu verhindern, dass die zapatistische Begeisterung dazu führte, dass einer von uns im Meer endete.

Wenn das passiert wäre, wir wären vorbereitet gewesen, ob Sie es glauben oder nicht. Angesichts der Zusammensetzung der Delegation diskutierten wir am Vorabend, wie wir schreien müssen, wenn das passieren sollte: ´Mann über Bord´ oder ´Frau über Bord´ oder´AnderEr über Bord´ oder ´tercio über Bord´ oder ´Chauffeur über Bord´ oder ´Käfer über Bord´ und so weiter. Das Problem bestand darin, um zu wissen, was wir schreien sollen, musste der SubMoy zuerst die Anwesenheitsliste verlesen um den Vermissten zu eruieren und dann den Befehl ´Panik im Windschatten´ erteilen, (etwas was die Delegation bis zur Perfektion im Trainingszentrum, Abteilung ´Schiffbruch und Versenkung´ praktizierte) damit alle schreien würden. Weil dadurch viele Sekunden verloren gehen (in Realität, in der Praxis waren es lange Minuten) die entscheidend sein könnten, wurde beschlossen:  ´Zapatista über Bord!´ zu schreien.  Es ist nichts passiert, was der Maya-Korsarengruppe (Erlaubnis der zapatistischen Junta der Guten Regierung erteilt und in Ordnung) Spott und Hohn in der Bar des Mota Negra, in Kopenhagen, Dänemark ersparte.

Es dauerte nicht lange, bis die Besatzung von der zapatistischen Begeisterung angesteckt wurde und obwohl es sich um Seeleute mit jahrelanger Erfahrung im Wasser des Ozeanes handelt, sahen sie jetzt mit und durch den Blick der Zapatistas ein Meer, welches ruhig einen so unerwarteten Besuch feierte, gelassen, wie vorher angesichts der Impertinenz der Touristen aus aller Welt. Der Kapitän des Schiffes brachte den SubMoy zum Steuerbereich und er ergriff das Ruder, die terci@s schossen Fotos ….vom Wasser (das heißt, es wird viele Fotos von einem Meer ohne Störungen geben).

Die zapatistische maritime Delegation, genauer gesagt das Geschwader 421, ging von der Begeisterung zu Besorgnis über und löcherte die Besatzung mit sinnvollen Fragen:´Und wenn uns ein Blitz trifft und das Boot zerbricht, was machen wir dann?´ ´Und wenn ein Loch aufgeht und das ganze Wasser auf einmal verschwindet. Müssen wir dann zu Fuß weiter?` ´Und wie macht Ihr es um zu essen, wenn Ihr kein Feld zum Anbauen habt?´ ´Und woher weiß der Wind, dass wir dorthin wollen?´ `Und wo schläft das Meer, wenn es müde ist?` `Und wenn das Herz des Meeres traurig ist, wie weint es denn?`  ´Wie groß muss ein Herz sein, um das Meer zu lieben und zu streicheln, wo es doch so groß ist?` ´Und so wie wir das Land verteidigen, gibt es jemand, der das Meer verteidigt?`

Die Besatzung der La Montaña, Kapitän Ludwig (Deutschland), Edwin (Kolumbien), Gabriela (Deutschland), Ete (Deutschland) und Carl (Deutschland) sahen sich fassungslos an und sagten zu sich: “In welche Schwierigkeiten bin ich geraten?” (nur Edwin dachte auf Spanisch: “Caramba, en qué lío me he metido”).

Alle besichtigten das Schiff und konnten nur schwer ihre Freude und Begeisterung verbergen: Wie Karibische Königinnen grüßten die delegierten Compañeras von Backbord aus die Boote voller Touristen, von denen sie mit Neugier und etwas schockiert begutachtet wurden, vielleicht auch deshalb, weil sie bei dieser Hitze lange Röcke trugen. Oder weil die Touristinnen Bikinis trugen, und halb nackt so etwas unglaublich fanden. Marijose ging zum Bug und betrachtete von dort aus das Haus der Ixchel und beschloss für sich, die Hyper-Ultra-Minishorts nicht anzuziehen, denn sie wollte die Städterinnen nicht in ihrer Wahrnehmung beschämen.

Die Comandantes David und Hortensia gaben Lupita letzte Ratschläge, wobei ihr Lächeln über die Gesichtsmaske quoll. Kommandant Zebedeo sprach das von SupGaleano empfohlene Mittel gegen Erbrechen vor sich hin: ´mir wird nicht schlecht, mir wird nicht schlecht´.

Die terci@s (4 Männer, eine Compa und eine Aufständische) ihrerseits machten Fotos und Videoaufnahmen von allem. Und wenn ich ´von allem´ sage, dann ist alles gemeint. Seien seien Sie deshalb nicht verwundert, wenn auf den Fotos nur Luken, Seile, die Ankerkette, Ankerwinde, Bojenreep, und Planken, Eimer zum Ablassen des Wassers und andere für ein Segler Dinge typische Gegenstände zu sehen sind. Schließlich handelt es sich um die sehr edle Mission, den Atlantik zu überqueren, um eine Invasion, um eine Eroberung – ich meine unsern Besuch Europas.

Marcelino und  Monarca fragten um den Maschinenraum und ich weiß nicht woher sie einen Werkzeugkasten zum Vorschein brachten und mit Zangen und Schraubenziehern versehen gingen sie dorthin, wo ihrer Meinung nach der Motor zu finden sein müsste und sie erklärten einem sprachlosen Kapitän dass sie dem Ton entnahmen, dass der Motor gewartet werden müsste. Bernal und Felipe (Ersatz für Dario – der wegen der Passbesorgung für seine Kinder an Land bleiben musste- 49 Jahre, ursprünglicher Tzeltal, sprichst fließend tzeltal und spanisch, 4 Kinder, der älteste ist 23 Jahre alt, der jüngste 13 – er war Miliciano, Sergeant, Lokalverantwortlicher, autonomer Rat im MAREZ, Rat der Guten Regierung, Maestro der Kleinen Zapatistischen Schule und Chauffeur. Lieblingsmusik: romantische Musik, Rancheras, Bands, Cumbia, revolutionäre. Lieblingsfarben: schwarz, blau und grau. Er bereitete sich 6 Monate darauf vor, Delegierter zu werden. Freiwilliger für die Schiffsreise, falls jemand ausfallen sollte. Maritime Erfahrung: keine). schlossen sich dem zapatistischen Mechanikerteam an (damit auf Hoher See keine Reparaturen anfallen). 

Nachdem sich die Besatzung von La Montaña von der Verwirrung über ein so anderes Boarding erholt hatte, verteilte sie sich strategisch an Deck, um zu verhindern, dass die zapatistische Begeisterung dazu führte, dass einer von uns im Meer endete.

Wenn das passiert wäre, wir wären vorbereitet gewesen, ob Sie es glauben oder nicht. Angesichts der Zusammensetzung der Delegation diskutierten wir am Vorabend, wie wir schreien müssen, wenn das passieren sollte: ´Mann über Bord´ oder ´Frau über Bord´ oder´AnderEr über Bord´ oder ´tercio über Bord´ oder ´Chauffeur über Bord´ oder ´Käfer über Bord´ und so weiter. Das Problem bestand darin, um zu wissen, was wir schreien sollen, musste der SubMoy zuerst die Anwesenheitsliste verlesen um den Vermissten zu eruieren und dann den Befehl ´Panik im Windschatten´ erteilen, (etwas was die Delegation bis zur Perfektion im Trainingszentrum, Abteilung ´Schiffbruch und Versenkung´ praktizierte) damit alle schreien würden. Weil dadurch viele Sekunden verloren gehen (in Realität, in der Praxis waren es lange Minuten) die entscheidend sein könnten, wurde beschlossen:  ´Zapatista über Bord!´ zu schreien.  Es ist nichts passiert, was der Maya-Korsarengruppe (Erlaubnis der zapatistischen Junta der Guten Regierung erteilt und in Ordnung) Spott und Hohn in der Bar des Mota Negra, in Kopenhagen, Dänemark ersparte.

Es dauerte nicht lange, bis die Besatzung von der zapatistischen Begeisterung angesteckt wurde und obwohl es sich um Seeleute mit jahrelanger Erfahrung im Wasser des Ozeanes handelt, sahen sie jetzt mit und durch den Blick der Zapatistas ein Meer, welches ruhig einen so unerwarteten Besuch feierte, gelassen, wie vorher angesichts der Impertinenz der Touristen aus aller Welt. Der Kapitän des Schiffes brachte den SubMoy zum Steuerbereich und er ergriff das Ruder, die terci@s schossen Fotos ….vom Wasser (das heißt, es wird viele Fotos von einem Meer ohne Störungen geben).

Die zapatistische maritime Delegation, genauer gesagt das Geschwader 421, ging von der Begeisterung zu Besorgnis über und löcherte die Besatzung mit sinnvollen Fragen:´Und wenn uns ein Blitz trifft und das Boot zerbricht, was machen wir dann?´ ´Und wenn ein Loch aufgeht und das ganze Wasser auf einmal verschwindet. Müssen wir dann zu Fuß weiter?` ´Und wie macht Ihr es um zu essen, wenn Ihr kein Feld zum Anbauen habt?´ ´Und woher weiß der Wind, dass wir dorthin wollen?´ `Und wo schläft das Meer, wenn es müde ist?` `Und wenn das Herz des Meeres traurig ist, wie weint es denn?`  ´Wie groß muss ein Herz sein, um das Meer zu lieben und zu streicheln, wo es doch so groß ist?` ´Und so wie wir das Land verteidigen, gibt es jemand, der das Meer verteidigt?`

Die Besatzung der La Montaña, Kapitän Ludwig (Deutschland), Edwin (Kolumbien), Gabriela (Deutschland), Ete (Deutschland) und Carl (Deutschland) sahen sich fassungslos an und sagten zu sich: “In welche Schwierigkeiten bin ich geraten?” (nur Edwin dachte auf Spanisch: “Caramba, en qué lío me he metido”).

Delegation der zapatistischen Bewegung in Brüssel begrüßt

30.10.21 – Brüssel – Tatiana De Barelli

Dieser Artikel ist auch auf Französisch verfügbar

Delegation der zapatistischen Bewegung in Brüssel begrüßt
Empfang der Zapatistas-Delegation in Brüssel. (Bild von Tatiana De Barelli)^)

Die Organisationen RAZB (Netzwerk zum Empfang von Zapatistas in Belgien) und „Zone neutre“ (für die Anerkennung von Migrant:innen ohne Ausweispapiere) veranstalteten am Mittwoch, den 13. Oktober einen Empfang, um eine Delegation von Zapatistas in Belgien zu begrüßen. Der Empfang fand an einem besetzten Ort in Molenbeek-Saint-Jean statt.

Ermöglicht wurde damit ein Treffen, das reich an Erfahrungen und Austausch war über die aktuellen Kämpfe gegen dasselbe kapitalistische System und seine unterschiedlichen Fallstricke in Belgien und Mexiko.

Die Vertreter:innen der Zapatistas erinnerten uns an den Ablauf des Kampfes, den ihre Großeltern ab den 1990er Jahren führten und der heute immer noch aktuell ist.

Ihre Reise beginnt in Europa und wird sie weiter nach Afrika und Lateinamerika führen. Das Ziel dabei? Die Geschichte und die Erfahrungen des zapatistischen Widerstands weitergeben, sich mit Aktivist:innen aus unterschiedlichen Kontinenten austauschen und so ein starkes solidarisches Netzwerk aufbauen.

Kurze Erinnerung an den zapatistischen Kampf

12. Oktober 1992. Während in ganz Amerika riesige Bewegungen an „500 Jahre Widerstand der indigenen, ländlichen und schwarzen Bevölkerung“ erinnern, fällt in Chiapas eine Statue. Es handelt sich um jene des Eroberers Diego de Mazariegos, Gründer der kolonialen Kleinstadt San Cristóbal de las Casas. Die Statue explodierte, während mehr als 15.000 Indigene durch die Stadt marschierten, etwas mehr als ein Jahr vor dem zapatistischen Aufstand.

Woher kamen die Zapatistas?

Aus einer kolonialisierten Welt, in der es noch bis 1994 große Anwesen und riesige Ländereien gab, wo die einheimische Bevölkerung jahrhundertelang in Unterdrückung und Knechtschaft lebte.

Aus diesem täglichen Leiden, aus Armut, Hunger und Unsicherheit entstanden die ersten Aufstände. Die ersten führten in den Wald, auf der Suche nach Land ohne Landherren. Dann die ersten Bauernorganisationen. Die erste Rückgewinnung von Land, Gefängnis, Unterdrückung, bis hin zum Aufstand und Schritt für Schritt zu einer strukturierten politischen, gesellschaftlichen und militärischen Organisation. Indigene und Landarbeiter:innen erklären uns ihren Kampf, ihre erfolglosen Versuche, einen Dialog mit den Mächtigen aufzunehmen, und ihre fortschreitende Autonomie in den Bereichen Gesundheit, Bildung und Landwirtschaft.

Bemerkenswerte Erfahrungen, demütig und aufrichtig präsentiert.

Unsere anwesenden zapatistischen Freunde und Freundinnen aus Chiapas wünschten kein Interview. Wir hatten jedoch Gelegenheit, Zoé Maus zu treffen, der wir für ihren Bericht danken.

Die Aktivistin im belgischen Verband zur Unterstützung der Zapatistas aus Chiapas erzählt uns von der Freude, die sie 1994 angesichts der zapatistischen Bewegung empfand. Sie erlebte sie als einen wahrhaftigen Schlag gegen den Kapitalismus. Sie erkennt an, welche Auswirkungen die Erfahrungen der Zapatistas auf ihren eigenen Aktivismus in Europa hatten und spricht vom „revolutionären Frauengesetz“, eines der ersten, das in der zapatistischen Organisation verkündet wurde. Dieses Gesetz sei von wesentlicher Bedeutung. Das feministische Denken schließe ökologisches Engagement mit ein, in einem Verständnis, in dem die patriarchale, rassistische und die Herrschaft über die Natur miteinander verbunden seien.

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