Gilets-Jaunes Acte45
Paris-Luttes.Info
21 septembre : le climat valait-il une émeute ?
Ein gelungenes Debut dieser zwei Demonstrationstage für dieses Jahr. Am 20. September, Demonstration der Generationen und Streik, initiiert durch die YFC (Youth for Climate), bei denen eine gute Dynamik zu sehen war. Und es gab auch interessante Diskussionen um eine Abstimmung der Strategien des Kampfes während der Versammlung in Bercy am Nachmittag. Am 21. September dann die gemeinsame Klimademonstration und der große gelbe Samstag, zu dem alle aufgerufen wurden, nach Paris zu kommen. Man hatte eine gleiche Konfiguration wie am Samstag, den 16. März, wo die Manifestation an der Place d’Opéra begann und wieder zur Place République zog. Die Gilets Jaunes zogen massenhaft zu den Champs-Élysée. Im Vorfeld erfolgten diesmal schon wichtige Vorbereitungen der verschiedenen Gruppen um Gemeinsamkeit, was zu einem Treffen am Samstagmorgen um 9h in Madeleine führte, zu dem alle eingeladen waren.
Ist die Erinnerung an die Mobilisierung vom 21. September noch aktuell, die ein so ganz atypisches und erstaunliches Format entwickelte und die die etablierten Regeln der Klimademonstrationen über den Haufen warf? Ist eine neue Art Hybridisierung, zwischen der Offensivität der GJ-Manifestationen und dem Pazifismus der großen Klimamärsche entstanden, um das gleiche Ziel zu erreichen? Man wird sich nunmehr auch fragen müssen, ob es jetzt noch notwendig ist, diese unhandliche Unterscheidung zu machen, wenn es in Zukunft um die ernsthafte Organisierung geht.
Den Kurs der Präfektur nicht zu respektieren, ist sinnvoll, da hier Handlungsweisen und kollektive Umsetzungen experimentiert werden konnten, die im Klimamarsch noch unerprobt waren. Viele kleine Sabotage- und Akte des Ungehorsams wurden während der Demo durchgeführt, die auch mehr oder weniger Anerkennung fanden: Barrikadenbau (um die Mobilität der Polizeikräfte zu erschweren und sich gegen die von ihnen ausgehende Gewalt zu schützen), systematische Antipub-Aktionen (Aktionen, die gegen die sichtbaren Reklamefeldzüge des Kapitalismus in der Stadt geführt werden), Tags mit expliziten politischen Botschaften, Elektroroller, die außer Betrieb gesetzt werden, Lagerfeuer auf dem Boulevard, Banken, die besprüht oder mit anderen Projektilen konfrontiert werden… Aber auch Solidaritätsbekundungen mit dem Notfallteam am Hospital Cochin, wo medizinisches Personal vom Balkon aus dem Zug applaudierte, ebenso auch mit den vorbeifahrenden Ambulanzen.
Gegen Ende herrschte in allen Zonen entlang der Demoroute ein einziges Wirrwarr, die es den Ordnungskräften schwer machte, sich zu organisieren. Diese Art des Vorgehens scheint gute Perspektiven für die Oktoberwoche der Extinction Rebellion zu bieten.
Eine Aktion des zivilen Ungehorsams, die von ANV-COP21 organisiert wurde, sollte um 17 Uhr stattfinden. So konnten wir eine Blockade an der Pont de Tolbiac erleben, die sehr enthusiastisch war und der allgemeinen Unordnung noch etwas mehr hinzufügte.
Für mehrere Stunden wurde der Verkehr aufgehalten: Aus einem Lautsprecherwagen tönte Musik und ein gezündetes DJ-Set, umgeben von grünem und gelben Rauch, sorgte für wundervolle Szenen und nicht zuletzt für Begeisterung. Es bildeten sich Diskussionsgruppen und es gab Gruppen, die sich nach diesem anstrengenden Tag ausruhten. Dieser Typ Aktion des zivilen, völlig gewaltfreien Widerstands, ist interessant, da er als ein Ort des Rückzugs (und der verdienten Ruhe) angesehen werden könnte, der jeder Art Militanz, unabhängig von ihrer Ausdrucksweise, dienlich wäre. Doch diese Bemerkung bedarf einer weiteren: Um diese Bedingung zu erfüllen, müsste die Besetzung der Orte länger andauern, um schließlich allen die Möglichkeit zu geben, sich der Blockade anzuschließen.
In der Folge entschloss sich ANV-COP21 eine „wilde Demonstration“ zu organisieren. Mit ihren eigenen Worten ist dies eine mobile Handlungsweise, die sich in die Kategorie offensive Demonstration einreihen lässt, weil sie per definitionem völlig spontan und daher auch nicht angemeldet ist. ANV-COP21 experimentiert mit Aktionen, die ihr gewöhnliches Repertoire verlassen: Diese Art der Kundgebung mobilisiert Methoden kollektiver Umsetzung der Aktion.
Schließlich kann die Präsenz eines Lautsprecherwagens mit seiner Elektromusik an die Bewegung Reclaim the Streets erinnern. Diese Bewegung blockierte die Konstruktion von Straßen, indem sie sie in Form eines Festes sich wieder aneigneten und den subversiven Aspekt bestimmter künstlerischer Kreise auf intelligente Weise wiederverwendeten. Diese freundliche und annähernde Art ist in ihrer festlichen und einigenden Tendenz nur zu begrüßen. Und ihre Weiterentwicklung scheint uns neue Möglichkeiten des Agierens zu geben, welche die Komplementarität der verschiedenen Arten militanter Mobilisierung stärken. Aber heißt das nicht, dass der Weg nur dann zu halten ist, wenn die Orgas der ANV-COP21, ihren gewaltfreien Aktionsmodus den anderen Aktionsformen zur Verfügung stellen? Und ist dies denkbar?
Eine „wilde Demonstration“, sicher, aber in ihrem eigenen Saft schmorend: was soviel heißt wie, gezähmt und gelenkt durch die Polizei, bis zur Bastille zu marschieren. Dort wurden die Demonstrant*innen vom Ordnungsdienst aufgefordert, sich aufzulösen (auch den Verkehr wieder passieren zu lassen und vom Ende eines Week-End der Mobilisierung zu träumen). Kurioserweise kümmerte sich der gleiche Ordnungsdienst, dass die Müllbehälter wieder an ihrem Platz landeten, die Demonstrant*innen auf ihrem Weg verstellten.
Wenn es auch lobenswert ist, den Aktionsmodus vielseitiger zu gestalten, ist doch anzumerken, dass dieser neue Akt zivilen Ungehorsams entschärft wird durch den Aspekt der Kontrolle, und er ist deshalb auch in der Konsequenz weniger wirksam. In Wirklichkeit stellt es sich eigentlich als Disziplinierung der „wilden“ Demo heraus: Polizeikontakt, um über die Route zu verhandeln; Fahrräder und E-Roller bleiben während der Demo abgestellt; Reihen von Aktivisten, die den Zug eingrenzen; Demoroute und Slogans werden im Voraus geplant; perfekte Animation; verordnete Auflösung zum Ende der Demo – das alles lässt den Demonstrant*innen wenig Raum für Spontaneität.
Wenn man an der Wirksamkeit einer „wilden“ Demonstration zweifeln kann, bei der gerade noch der Begriff darauf hinweist, sind wir aber v.a. beunruhigt über den Gebrauch von Techniken seitens der Organisationen, die sie völlig aufweichen und sie ihres revolutionären Gehalts entleeren. Es fehlt nicht viel, dass solche Initiativen zum «Lutte-washing» konvertieren, was ein Bekenntnis zur Subversion in Worten aber nicht in Taten bedeutet: Die Deklaration der Absicht darf der Aktion nicht vorausgehen.
Es ist ebenfalls bemerkenswert, dass Militante der ANV-Cop21 eine gleiche Aktion machten, wie im vergangenen Juni Extinction Rebellion: Sie sperrten eine Brücke, in der Art als wollten sie beweisen, dass sie dazu auch in der Lage seien. Diese Initiativen verschiedener ökologischer Kollektive sind willkommen: Sie sind eigentlich eine Zunahme des Einflusses während der wöchentlichen Aktionen; Wird XR die von ANV-COP21 letzten Samstag gesetzte Herausforderung annehmen?
Die Schlussfolgerung zum gestrigen Tag ist die Feststellung, dass das Resultat einer perfekten Konvergenz nicht erreicht wurde und sicherlich auch nicht das der Solidarität in der Aktion unter den verschiedenen Organisationen; dennoch haben die gemeinsame Erfahrung von Unterdrückung und die Unschärfe der Leitlinien friedlicher Demonstrationen jede/n von uns auf eine echte Konvergenz der Aktion vorbereitet. Diese erfahrene Herausforderung wird zweifellos diejenigen Aktivisten befriedigen, die es satthaben, allein wegen des Klimas zu marschieren. Es gilt jetzt zu organisieren, um zu handeln, aber nicht mehr zu marschieren, und abzuwarten.
[red.Anm.: Der Artikel ist als Diskussionsbeitrag zur beabsichtigten Konvergenz unterschiedlicher Organisation der GJ und Ökos bei den wöchentlichen Aktionen zu sehen.]
übersetzt v. G.Melle