Bergoglio, der Elefant im Porzellanladen

La Città FuturaBergoglio, un elefante in una cristalleria

Autor:   02/03/2019

La condanna per pedofilia del cardinale George Pell, numero tre della gerarchia vaticana, non è un caso isolato, ma conferma il paradosso enunciato da F. Martel per cui la chiesa è una “delle più grandi comunità omosessuali al mondo” “è allo stesso tempo un’istituzione omofoba”.



Bergoglio, un elefante in una cristalleria
Bild: Der Papst ist bereit, die Opfer des Missbrauchs zu empfangen. „Gefällt es Dir nicht, den Papst zu sehen?“                                                                                                                                          Bildquelle: https://opinionidiunnessuno.blogspot.com/search/label/preti%20pedofili

Frédéric Martel, der bekannte französische Soziologe und Journalist, hat unlängst ein wichtiges Werk veröffentlicht. Es befasst sich mit einem der verschiedenen Aspekte des realen Katholizismus, der generell mit Schweigen belegt wird. Auch wenn der Autor, wie in diesem Fall über 1500 Prälaten aus mehr als 30 Ländern interviewte. Darunter befanden sich fast hundert Interviews mit Bischöfen und Kardinälen, und trotz seiner anfänglichen Skepsis stellte er fest, dass die Realität die bösartigsten Vorurteile bei Weitem übertrafen.

Die soziologische Studie mit dem Titel „Sodom“, die schon in zwanzig Ländern (in Italien bei Feltrinelli) veröffentlicht wurde, soll das reale Paradoxon aufzeigen, dass die katholische Kirche, die „eine der größten homosexuellen Gemeinschaften der Welt“ darstellt, gleichzeitig „eine homophobe Institution“ ist [1]. So sehr, dass Martel das Vorurteil, dass im Vatikan eine Lobby der Gay  tätig ist, entschieden leugnet, denn „Menschen, die für eine Sache zusammenarbeiten, sind eine Lobby“. In der Kirche geschieht das Gegenteil: Es gibt keine kleine Gruppe, die handelt, sondern eine große Gruppe, die nicht handelt, eine stille Mehrheit, deren erstes Ziel es ist, ihre Homosexualität vor anderen zu verbergen“.

Dieses zweite und tiefere Paradoxon ist darauf zurückzuführen, dass die Kirche, wie Martel geschickt aus historischer Sicht rekonstruiert hat, „als Homosexualität verboten wurde“, in vielen katholischen Ländern „eine Zuflucht für Homosexuelle war. Als die Gesellschaft freier und Homosexualität akzeptiert wurde, wurde die Kirche zunehmend homophob, um ihre eigene Homosexualität zu verbergen“. So ist nach der sexuellen Revolution, dank der gewaltigen sozialen Bewegungen der späten sechziger Jahre, die Homophilie auch in der Kirche „unter Paul VI. weit verbreitet, aber nicht praktiziert. Die Keuschheit blieb im Wesentlichen erhalten. Mit Johannes Paul II. kommt es zu einer Verschlechterung des Status quo. Auch wenn der letztgenannte Papst, laut Martel, in einem solchen Maße „vom Kreuzzug gegen den Kommunismus absorbiert“ wurde, dass er „sich um anderes kümmerte. Die eigentlich Verantwortlichen, zum Beispiel für die Berichterstattung über pädophile Priester, waren Kardinal Sodano, Staatssekretär des Vatikans und Monsignore Dziwisz, besonderer Sekretär von Wojtyla“.

Schließlich „laufen mit Benedikt XVI. die Dinge aus dem Ruder, und sie tragen mit zu seiner Entscheidung zurückzutreten bei“ und führten zum Rückzug ins Privatleben mit seinem persönlichen Sekretär Pater Georg – den er unter anderem zum Ehrenprälaten Seiner Heiligkeit und Präfekten des Päpstlichen Hauses ernannte – zunächst im Päpstlichen Palast von Castel Gandolfo und später im Kloster Mater Ecclesiae [2].

Natürlich hat der jetzige Jesuitenpapst „all dies geerbt“ und nach Martels eher fragwürdiger und zu Absolution geneigter Meinung „ist er in einer homosexualisierten Organisation gefangen und wird von homophoben konservativen Kardinälen angegriffen, die deren Homosexualität verbergen wollen“. Das ist eine eher absurde Meinung, denn der Arzt hat das sicherlich nicht angeordnet, noch war es das Ergebnis eines obskuren Schicksals, Papst zu werden und alles zu tun, um der absolute und unfehlbare Souverän einer solchen Institution zu bleiben, in der man dann „gefangen“ ist.

Übrigens kann Martel selbst nur feststellen, dass sein Pontifikat keine nennenswerten Veränderungen hervorgerufen hat, sodass der berühmte effektvolle Satz seiner Heiligkeit „Wer bin ich, dass ich einen Gay verurteile“, vom Soziologen Martel lediglich als „eine formidable Jesuitenformel“ angesehen werden kann, insofern als „er eine Frage mit einer anderen Frage beantwortet“. Dies veranlasste Martel, den jetzigen Papst als „einen gorbatschowianischen Papst“ zu definieren, weil „er das System nicht zerstören will, aber er hat verstanden, dass etwas geändert werden muss. Und die „Breschnewianer“ – die Konservativen – lassen es nicht zu“. Deshalb, wie der vatikanische Interviewer zu Recht bemerkt, „kritisieren schwule Priester Franziskus und bedauern Ratzinger“. Martel betrachtet dies als einen Widerspruch, der offensichtlich ist, denn „mit Johannes Paul II. und Benedikt XVI. wurde das System organisiert und der Code klar: Man ist nach außen homophob, innen tut man, was man will. Franziskus ist ein Elefant in einem Porzellanladen, bewegt alles, eines Tages ist er filo-schwul und eines Tages anti-schwul, manchmal will er Homosexuelle im Seminar und manchmal nicht. Dieses ungeordnete Verhalten erschreckt viele von ihnen, die auf der Suche nach Stabilität sind. Außerdem erscheint die Politik des neuen Papstes, die auf eine Selbstreform des Systems abzielt, selbst für Martel letztlich nicht glaubwürdig, denn, wie er betont, befindet sich die „Kirche in einer Situation des Hirntodes“ und deshalb „wird eine umfassende Aktualisierung notwendig sein“.

Martels Untersuchung zeigt, dass die Prälaten, aufgrund anachronistischer Regeln des Zölibats und des absurden und absolut unnatürlichen Keuschheitsgelübdes, ein „Doppelleben“ führen müssen, das sie „Erpressungen“ aller Art aussetzt, um ihre homosexuellen Beziehungen aufrechtzuerhalten. Martel beschränkt sich nicht nur auf die Analyse der Widersprüche bei den Provinzpriestern, die er als „die Opfer…eines Systems betrachtet, zu dessen Erhaltung sie beitragen“. Sie bilden die Menge, die die Leiden eines Doppellebens annimmt und die Kirche nicht verlässt, weil sie „keine Alternative haben“. Oder weil die Situation gerade günstig ist“.

Martel ist jedoch nicht „an Einzelfällen interessiert, sondern am System, an den Zerbrechlichkeiten und Leiden, die im Zusammenhang mit dem Zwangszölibat stehen.“ Er hat es darauf abgesehen, seinen Kern zu treffen, den er als „Sodom“ definiert. Das sind für ihn die hohen Hierarchien des Vatikans, die mit gezogenem Schwert eine völlig anachronistische und gegen die Natur des Menschen gerichtete Doktrin verteidigen.  Auf dieser Ebene eines besonders rückständigen und reaktionären Klerus „gab es immer viele Homosexuelle“. Umso mehr handelt es sich, bemerkt Martel prägnant, um einen nicht realen, sondern scheinbaren Widerspruch, dass in einer solchen Institution ein derartiger absurder und  unnatürlicher Leitsatz am Leben hält: „Je mehr Homosexualität, desto mehr Homophobie, beim Versuch sie zu verbergen“.

Trotz wachsender Anzahl der aufgedeckten Skandale, welche die gesamte Kirche immer mehr ins schlechte Licht setzen, hält die Kurie an ihrer Linie fest. Sie verteidigt eine Konzeption, welche buchstäblich die Realität verdreht. Sie betrachtet, das, was natürlich ist, nämlich die Homosexualität als unnatürlich und das, was gegen die Natur gerichtet ist, nämlich die Keuschheit als natürlich. Auf diese Art ist es unmöglich, trotz manch guten, doch weitaus mehr heuchlerischen Vorschlägen, diesem paradoxen Widerspruch zu entkommen.

Zumal gerade diese verzerrte Konzeption von einer „nicht akzeptierten und anerkannten Homosexualität“ somit „verdrängend und sublimierend“ ist. Sie zwingt nicht nur, wie wir gesehen haben, eine beträchtliche Anzahl von homosexuellen Prälaten zu einem „Doppelleben“, das nur „Heuchelei und Schizophrenie“ hervorbringt, sondern das auch dazu führt, dass 80% „der sexuellen Missbräuche“, an denen sich Mitglieder der Kirche schuldig machen, „homosexueller Natur sind“.

Die italienische Übersetzung des Buches von Martel kam zu einem bezeichnenden Zeitpunkt heraus, nämlich als das vom Papst veranlasste Treffen, mit Bischöfen aus der ganzen Welt, im Vatikan begann. Die Diskussion der Pädophilen-Frage stand im Zentrum der Diskussion. Über Skandal und Diskreditierung hinaus, birgt sie auch die Gefahr, das gesamte System zu hinterfragen, indem sie die Achillesferse trifft, oder vielmehr ihren wirtschaftlichen Aspekt. Die Entschädigungsverfahren für Tausende durch die hohen Hierarchien gedeckten Missbräuche, haben dazu geführt, dass ganze Diözesen, um nicht mit zu hohen Zahlungen konfrontiert zu werden, ihre Zahlungsunfähigkeit anmeldeten.

Sicher ist, dass der Eklat, der durch diese interne Debatte in der Kirche verursacht wurde, zu einer Selbstabsolution des Systems während der Zelebration einer Bußfeier geführt hat. Jedoch wurde nicht die Verpflichtung, die Schuldigen vor Gericht zu bringen, und auch nicht im Entferntesten das Problem der absurden und unnatürlichen Vorstellung von der Verpflichtung zur Keuschheit für alle Mitglieder des Klerus, angegangen.

Der Philosoph Slavoj Žižek, einer der brillantesten Intellektuellen unserer Zeit, hat in einem berühmten Essay, mit dem Titel The Sexual Secret of the Church behauptet, dass Pädophilie kein Unglück ist, das die katholische Kirche getroffen hat. Sie ist etwas, was dem Katholizismus selbst innewohnt. Etwas aus dem Innern der kirchlichen Organisation, und sie ist vor allem seinem eigenen symbolischen Apparat angeboren. Auf den Punkt bringt er es mit der These, dass die Päderastie das wirklich große Geheimnis der Kirche darstellt. Sie ist eines jener Geheimnisse, deren rücksichtsloses und unnachgiebiges Funktionieren gerade dadurch ermöglicht wird, dass sie in Wirklichkeit für alle sichtbar ist. Und Žižek behauptet, dass „die Pädophilie der Priester (…) wesentlich profunder, in die Identität der Kirche als Institution, eingeschrieben ist“. [3]

Žižek zielt in seinem Essay darauf ab, die „wahrhaft gefährliche Kraft der katholischen Ideologie hervorzuheben: Weit davon entfernt, die Religion des Opfers, des Verzichts auf irdische Freuden zu sein, bietet das Christentum eine umständliche List an, um unseren Wünschen nachzugeben, ohne den Preis dafür zahlen zu müssen, das Leben ohne Angst zu genießen, ohne dass am Ende Verderbnis und Schmerz auf uns warten“. Er weist darauf hin, dass „Priester (und vor allem Nonnen) als Vermittlerinnen und Anbieterinnen sexueller Dienstleistungen ein wichtiges Element der verborgenen katholischen Mythologie sind“ (9).

In diesem Zusammenhang zitiert Žižek den katholischen Kritiker Gary Willis, der auf „eine Kombination aus äußerst rigider Sexualerziehung der Kirche (z. B. die Tatsache, dass Masturbation eine Todsünde ist; von der schon eine einzige Episode, wenn sie nicht gestanden wird, die Person in die Hölle schicken kann) und einem Führer, der die Person von einer unerklärlich obskuren Lehre dank unerklärlich heiliger Ausnahmen befreien kann“, hinweist. Dieses Paradoxon wird von Žižek so entwickelt: „Pädophile Priester sind keine Liberalen, sie verführen Kinder nicht, weil sie beanspruchen, dass schwule Sexualität gesund und erlaubt ist. Sie argumentieren zunächst, dass die vom Jungen gebeichtete Sünde (Masturbation) wirklich tödlich ist, und schlagen dann als einen Prozess, der zur „Heilung“ nötig ist, schwule Handlungen (z. B. gegenseitige Masturbation) vor. (…) Der einzige Weg, die Sünde zu überwinden, ist der einer größeren Sünde“; (11).

Abschließend fragt Žižek rhetorisch: „Was lässt uns also zu dem Schluss kommen, dass diese Obszönitäten, diese Sexualverbrechen Teil der Identität der Kirche als Institution sind? Nicht die Handlungen selbst, sondern die Art und Weise, wie die Kirche reagiert, wenn sie aufgedeckt werden. Ihre defensive Haltung, ihr Kampf um jeden Zentimeter, den sie gewähren muss“ (12). Mit anderen Worten, „die Kirche als solche, als Institution, muss auch in Bezug darauf untersucht werden, wie sie systematisch die Voraussetzungen für das Auftreten solcher Verbrechen schafft“; (13).

[1] Diese und auch die nächsten Zitate stammen aus einem sehr interessanten Interview, das der Autor von „Sodoma“, F. Martel, dem angesehenen vatikanischen Experten Luca Kocci gegeben hat. Es wurde unŧer dem Titel „Der Kurzschluss der katholischen Kirche, der die Liebe verbietet“ in „Il manifesto„; vom 22. 02. 2019 veröffentlicht.

[2] Zitiert nach Wikipedia: https://it.wikipedia.org/wiki/Georg_G%C3%A4nswein .

[3] Diese wie auch die nächsten Zitate, sind dem Essay von Slavoj Žižek Il segreto sessuale della chiesa entnommen. In Italienisch bei Mimesis, Milano-Udine 2010. Die Seitenzahl ist in Paranthese gesetzt.

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