Wie oft haben wir die Gebetsmühle schon gehört: „Wir helfen ihnen zuhause“. Sie ist derart ekelhaft, dass selbst bei denen, die daran glauben, die Töne nicht mehr angenehm sind. In Italien verdichtet sich die Diskussion rund um das Thema Migration, durch neuerliche Schiffbrüche und Landungsversuche, mit der Schließung von Häfen und der Anwendung der Sicherheitsgesetze.
Übersetzung des Artikels:
Franco Cfa e l’ipocrisia del neocolonialismo italiano
„Frankreich muss dekolonisieren“
„Staaten wie Frankreich behindern die Entwicklung und tragen dazu bei, dass Menschen aufbrechen und im Mittelmeer sterben.“
Das sind Sätze, die Di Battista und Di Maio vor TV Kameras und Journalisten loswurden. Die Schützen erzählen mutig von ihren abgeschossenen Pfeilen, deren Spitzen jedoch stumpf sind. Eher furchtsam, wird eine nationalistische Rhetorik gegen den Kolonialismus angestimmt …, gegen den der anderen. Warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders und bemerkst den in deinem Auge nicht?“
Man ist ängstlich, aber nicht deshalb, weil es stimmt, dass Frankreich mit seinem Kolonialismus noch nicht abgerechnet hat, sondern weil diese Rhetorik überhaupt nicht aufregend ist, also wirklich nichts Aufregendes an sich hat. Sie ist vielmehr eine Partie um das Überleben des eigenen Kolonialismus: in Konkurrenz mit dem der anderen.
Jemand anderen darauf hinweisen, dass er brutaler sei, war schon immer eine Strategie der Kolonialisten. Man verschafft so dem menschlichen Mitgefühl etwas mehr Platz, von dem es schließlich nicht möglich ist, sich zu befreien. Umso mehr gilt es, sich dieses Mittels zu bedienen. Politiker wissen das genau.
So wird eine Rhetorik, die in unserem Land noch immer rechtsextremistisch konnotiert ist, paradoxer- und riskanterweise, zu einer Mehrheitsideologie. Sie propagiert ein genaues Ziel, eine Idee, die eher eine Halluzination ist, materielle Solidität zu praktizieren, nämlich Afrika zu Hause zu helfen. Aber zu Hause gibt man sich immer anders. Auf der anderen Seite gibt es keine Möglichkeit, sich bei jemandem zu präsentieren, der uns nicht eingeladen hat, ohne indiskret zu sein. Das Problem ist nicht, dass Politiker nicht das tun, was sie tun sollen, nämlich den Afrikanern zu Hause helfen oder die Migration steuern. Es ist genau das Prinzip, das falsch ist. Du predigst nicht gut und handelst schlecht, du predigst schlecht und handelst schlimmer. Ihnen – den anderen – zuhause zu helfen, kann keine mögliche Initiative eines Nationalstaates sein, es sei denn, es handelt sich um koloniale Praxis. Das war immer historische Rechtfertigung, ein Vorposten zu vielen kolonialen Schlachten, die aber keine Gerechtigkeit in dieser Welt meint.
Nun aber zum Splitter in unserem Auge. Man braucht nicht die Geschichte der letzten fünfzig, hundert, zweihundert Jahre umdrehen, um zu beschreiben, wie der italienische Kolonialismus in ultimo funktionierte. Nur allein die heutige Zeit reicht aus, um festzustellen, dass Italien die Rolle eines Plünderers des afrikanischen Kontinents einnimmt.
Nur als Hinweis, der staatliche Ölmulti ENI, fördert täglich 300tausend Barel aus afrikanischen Ölfeldern. Es sind gerade einige Monate her, dass er seine Aktivitäten auf Mosambik ausweitete, was mit dem Segen des italienischen Ministerpräsidenten Conte erfolgte. Der erklärte seinen Willen, die ökonomischen Beziehungen mit den afrikanischen Staaten zu intensivieren.
Wir erinnern uns alle noch an das Märchen der Staudämme Giba I,II und III (die vor einigen Monaten brachen). Das war das Werk von Impregilo-Salini (Hoch-, Tiefbau; Übers.), das Ägypten, Sudan und Äthiopien in Fragen der Wasserversorgung zur Seite steht, und in Äthiopien bei der Verwüstung des Omo-Tals mitwirkte. Dieses Unternehmen hat die Wasser-, Straßen-, Flughafen- und weitere Bauinfrastrukturen für 4,6 Milliarden Dollar fertig gestellt. Die berüchtigte Impregilo stand zusammen mit ENI auch im Mittelpunkt des Skandals, weil ihre Anwälte falsche Ermittlungen einleiteten, um die Konkurrenten des Energieriesen zu treffen.
Und nicht zu übersehen sind die ganzen Waffenvertriebsaktivitäten in Nordafrika und im Mittleren Osten, sowie in Kenia, im Tschad, in Namibia und im Kongo, die von der Firma Leonardo ex Finmeccanica durchgeführt wurde. Sie erzielten 2017 einen Umsatz von 11,5 Milliarden Dollar, einschließlich Flugzeugen und anderen schweren Waffen. Im Jemen wurden mit in Italien hergestellten Raketen mehr als 4000 Menschenleben vernichtet.
Fremdschämen [Anm.: Ein ins Italienische übernommener Neologismus], ist, wenn man sich schämen muss, dass etwas von jemand anderem gesagt oder getan wurde. Wir haben schon zu viel über das Duo Di Maio und Di Battista geredet. Legen wir einen Schleier des Mitleids über die linken Kandidaten für die Ehrenlegion, die mit gezogenem Schwert gegen den Kolonialismus anderer ausziehen, aber zu unserem schweigen. Was sagt man aber zu Il Manifesto? Ihre Titelüberschrift bringt es auf den Punkt: Der CFA-Franc ist ein Vorteil für Frankreich, aber er ist keine Kolonialsteuer“.
Kommen wir nun also zu den Splittern der anderen.
Der CFA-Franc ist eine französische Währung und unterwirft bis zu 14 afrikanische Länder sowie ihre ehemaligen Kolonien wirtschaftlich: eine Währung, die von den Schwankungen des Euros abhängt. Und es ist noch nicht vorbei. Die Verwendung dieser Währung hängt mit einer Reihe von Bedingungen zusammen, wie z. B. der Vertretung des französischen Staates in den Verwaltungsräten und Aufsichtsräten von Finanzinstituten in den 14 ehemaligen Kolonien, der Verwaltung von 50 % der Währung der 14 Länder und die Anlage der Erlöse in seine Staatsanleihen, dem Vorrang, den er beim Kauf der entdeckten natürlichen Ressourcen (Uran, Gas, Öl, Gold) erhält.
In diesem Panorama entfaltet sich also ein tief greifender kapitalistischer Widerspruch, der uns ein System zeigt, das versucht, sich neu zu strukturieren, indem es die ewige Rückkehr der Kolonialherrschaft erneuert. Der Preis für diesen Widerspruch ist heute für alle zu hoch, außer für das Großkapital und die Politik, die tatsächlich das tut, was sie interessiert.
Dieser unheilbare Widerspruch ist nicht zu bewältigen. Er darf nicht verleugnet werden, er muss vertieft und angegriffen werden. Zuerst einmal bei uns zu Hause.
Infos.it:
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übersetzt v. FHecker
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