infoaut.org, 12/1/19
Gilets Jaunes, Akt IX: Es ist für online-Demokratie keine Zeit
Ein weiterer Samstag der Mobilisierung der Gilets-Jaunes-Bewegung ist vergangen. Sie scheint im neuen Jahr 2019 neuen Aufschwung bekommen zuhaben.

Nach den Fausthieben des Exboxers aus Massy, Christophe Dettinger, gegen die Riots, die Demonstranten am Ort des Protestes mit ihren Aggressionen bedachte, rückte man noch fester zusammen. Eine Solidaritätskampagne mit Christophe berührte die Bewegung auf allen Ebenen, insbesondere indem sie die Notwendigkeit der Gegenwehr zur polizeilichen Gewalt in den Mittelpunkt der gemeinsamen Anliegen stellte. „Legitime Gegenwehr“ war ein Banner am Kopf der heutigen Demonstration in Toulouse.
Eine gnadenlose mediale Gegenoffensive richtete sich zuerst gegen den Boxer, dann gegen die Solidarität, die ihm bekundet wurde. Eine Spendensammlung online, zur Unterstützung des Athleten, wurde durch die Regierung mit der Drohung zensiert, gegen alle Unterzeichner zu ermitteln, die im Delirium der Gleichstellungsministerin Marléne Schiappa, als Komplizen der Gewalt, von der italienischen Regierung [sic] unterstützt würden. Das war ein Angriff, der die Front des Protestes stärkte, und der bewirkte, der in einer ergreifenden Videobotschaft ausgesprochenen Aufforderung Dettingers nachzukommen, den Kampf weiterzuführen.
Die Angelegenheit bezeichnete nicht nur signifikativ den Konflikt mit der Regierung, sondern brachte auch Klarheit auf Seiten der Bewegung. Viele Linke haben Dettinger angegriffen und die Gilets hatten Angst, dass ihnen Stigmatisierung der Gewalt oder angebliche Sympathien mit dem Front National vorgeworfen werden. In Wirklichkeit spiegeln die Biografie des Boxers und seine Worte die Authentizität eines sozialen Körpers der Bewegung wider. Sie hat auch generell ihren sprachlichen Ausdruck – Volk, Patriotismus, Gemeinsinn – und ist bisweilen in Widerspruch zu den materiellen Institutionen. Sie ist zweifellos ausgezeichnet durch Ablehnung des Regierungsregimes dieser Gesellschaft und durch ein tendenzielles Klassenbewusstsein wie auch der Nichtanhängerschaft zu Gruppierungen oder rückständigen politischen Traditionen. Wieder einmal hat sich, in Bezug auf die Faschisten, für die Halsabschneider jeglicher Art des sozialen Widerstands, der Warnruf vor dem Wolf als keine gute Strategie erwiesen. U.a. auch deshalb, weil sie organisiert auftretend, aus den Demonstrationen der Gilets entfernt werden.
So haben also die Demonstrationszüge kraftvoll den Chor „Freiheit für Christophe“ angestimmt, wie es scheint, durch Verbreitung und in Abstimmung der Teilnehmer. Es wird auch in Bourges demonstriert. In der Kleinstadt, die genau im Zentrum des Hexagons liegt, wollte ein Teil der Gilets das Epizentrum für Akt IX bilden. „Wir wollen uns mit dem Zentrum des Landes zusammenschließen“, erklärt Proscilla Lodosky, die Erstunterzeichnerin der Petition gegen die Benzinpreiserhöhungen. Das ist ein wichtiges Signal drei Tage vor Beginn der „Grand Debat National“, des diplomatischen Bemühens von Macron, zu versuchen, durch Konsultationen mit territorialen Institutionen, den Protest der Gilets Jaunes zu beruhigen. Es sollen Themen der Steuergerechtigkeit, der ökologischen Umwandlung und der öffentlichen Dienste behandelt werden. Dabei handelt es sich um die Organisierung einer Reihe von Gesprächsforen, auf lokaler Ebene, mit Verwaltungsfachleuten oder Gruppen von Bürgern um „die Franzosen“ anzuhören. Aber die „cahiers du doleance“ wurden bereits von der Bewegung verworfen, die, so scheint es, darüber hinaus ist. Die Gilets scheinen nicht angebissen zu haben. Dies trotz der Phantasien von Di Maio, der den Gilets seine Internetplattform Rousseau empfahl: es ist jedoch nicht die Zeit für online-Demokratie!

Das andere Epizentrum ist ganz klar Paris, wo einige Zehntausende Gilets in ansteigender Zahl, im Unterschied zu den letzten Treffen, schon auf der Straße sind. Trotz des surrealen Klimas, das eine Gasexplosion mit zwei Toten in der Nähe der Opéra verursachte, haben die Demonstrationszüge schon am Morgen an jedem Treffpunkt bereits einen beachtlichen Zulauf. Die Frauen haben sich auf den Gare du Nord konzentriert und in den weniger zentralen Quartiers, die näher an den Ban lies liegen, gab es ebenfalls Sammelpunkte. Die Demonstration zur Bastille war bezeichnend für diesen Tag. Die ersten Geschosse empfingen die Gilets in der Avenue Wagram. Attacken der Flic und Gas am Arc du Triomphe, wo sich eine große Menge konzentriert. Das ist das Bild weit vor dem Zusammenschluss mit den verschiedenen wilden Demonstrationen.
In Strassbourg wurden Barrikaden errichtet. Demonstrationen auch in Marsaille mit einem Frauenblog an der Spitze, in Lion ertönten an der Spitze die Rufe „Keinen Platz den Faschisten“. Weiterhin demonstrieren die Gilets in Bordeaux, Lille, Perpignan, Rouen, Caen, Nimes, Nizza. Auch einige Straßenblockaden wurden errichtet, wie die in Auxerre, um die LKW zu stoppen.
Die Polizisten von Castener sind heute 80.000 an Zahl. Der Innenminister von Macron hat der Bewegung den offenen Krieg erklärt. Er wird geführt mit einer hysterischen Strategie des Versuchs der Kriminalisierung und offener Repression. 12 Tote sind seit Beginn der Proteste zu verzeichnen, die Verletzten werden gar nicht gezählt. Aber es sind vermutlich mehr als 2000 verletzt und durch die Kriegswaffen der Polizei verstümmelt. Die Anzahl der Verhaftungen liegt bei 216. Die Gilets jedoch räumen nicht die Straße.
übersetzt von FHecker