Eine Reise durchs Netz
„Um die Schönheit einer anderen Welt voll zu begreifen, muss man ihr Leben genau kennen, und um anderen eine Vorstellung von ihr zu geben, muss man sie selbst erleben.“ (Александр Александрович Богданов)

Acte V der Revolte des Gilets Jaunes versprach Spannung, nachdem Le Roi Macron am Montag 10. Dezember, sich über TV erniedrigte, den Gemeinen seine Entschlüsse mitzuteilen.
https://www.tagesschau.de/multimedia/video/video-481755~player_branded-true.html
„Wir wollen ein Frankreich, in dem jeder würdig von seiner Arbeit leben kann. Der Mindestlohn soll ab 2019 um 100 Euro im Monat steigen, ohne dass die Arbeitgeber mehr zahlen müssen. Die Überstunden sollen ab 2019 wieder steuerfrei honoriert werden. Und ich fordere alle Arbeitgeber, die es können auf, ihren Angestellten Prämien zu zahlen – für die Arbeitnehmer steuerfrei.“
„Nous continuerons certainement…“, ist einhellige Meinung auf der Straße, wenn auch die Temperaturen ungemütlich, „die Flics“ überall präsent sind, und die Anzahl der Gilets Jaunes offensichtlich abgenommen hat.

Le peuple aura du pain.
Und dennoch gelang es ihnen, ohne Mühe in einem erneuten Akt, sich die notwendige Achtung zu verschaffen, Sie bekundeten nach Macrons Ansprache an die Nation respektable Präsenz. Die Kapitale Frankreichs zeigte sich am 5. Samstag des großen Auftritts der Bewegung nur wenig bereit, ihren Geschäften nachzugehen. Wo man auch entlang kam, waren die Kaufhäuser und Läden geschlossen, den Mitarbeitern der Zugang verwehrt. Ein Großteil des öffentlichen Verkehrsnetzes war lahmgelegt.


15:18
La tension monte et redescend sur les Champs (grenades et lacrymos), pour l’instant on peut toujours entrer et sortir librement surtout vers le haut qui est totalement vide.
Am frühen Nachmittag wächst die Spannung, nasse Kälte in den Klamotten und der beißende Rauch der Gasgeschosse machen mächtig Mühe, beim Versuch den Arc de Triomphe zu erreichen, durchzuhalten. Frische Polizeikräfte werden herangekarrt. Ihre Taktik zielt darauf ab, die Avenue dicht zu machen und die Demonstrant*innen einzukreisen. In die Seitenstraßen ist kein Durchkommen, Wasserwerfer und Gendarmerie treiben sie langsam in Richtung Arc de Triomphe, der völlig abgeriegelt ist.


17:15
Canon à eau sur les Champs Élysées et gazages ; grosses tensions pour sortir mais les flics repoussent.
Praktisch jede Möglichkeit eines Entkommens war abgeschnitten und die Rechnung von Law und Order schien zu diesem Zeitpunkt auf Kosten der Bewegung zu gehen.


Zum Zeitpunkt der Räumung der Champs Elysée durch die Ordnungskräfte, war es schon recht wagemutig, die vorrückenden Flics, die dabei mit ihren Manganelli auf den Schutzschilder trommelten, von der Berechtigung der eigenen Sache zu überzeugen. Ich hatte in diesem Momente der Bataille aber den Eindruck, dass sie auf die Dauer durch einen deutlich erfahrbaren, organisatorischen Mangel an Organisation, ihr hohes Ansehen in der Bevölkerung aufs Spiel setzte.


Dass darüber die unvermeidliche Diskussion geführt wird, ist im Netz zu erfahren. Am 13.12. erfolgt diesbezüglich die Initiative über eine Mailingplattform, die ihren Vorschlag unterbreitet:
Die Champs Elysée verlassen, Paris halten
[In Auszügen] …Wo die Polizei auf uns wartet, wo die Regierung auf Zermürbung und eine Ritualisierung der Mobilisierung setzt, müssen wir Initiativen erfinden, die sie überraschen und die ermöglichen, die Offensive fortzusetzen, wie sie am 1. Dezember begann. Dies ohne die Phasen der Emeute zu unterbrechen, sondern um auf die unvermeidlichen toten Zeiten und Erwartungen am Ende des Tages zu reagieren. Vertiefen wir das Chaos, um vorwärts zu kommen. Fügen wir einen strategischen Ansatz am 15. Tag hinzu. Schaffen wir die Möglichkeit einer horizontalen Selbstorganisation der Bewegung, die es ermöglicht, sich auf einen konkreten Vorschlag eines zu besetzenden, zu erobernden Ortes zu einigen.
Es geht nicht darum, Orte der Macht anzupeilen, die unzugänglich und telefonisch erreichbar sind, sondern atypische, unerwartete Orte (Kulturinstitute, Luxushotels, leere Gebäude in Renovierung. . . ), die Hunderte von Menschen aufnehmen können, also große Räume haben und dennoch verteidigt werden können.
weiter siehe Quelle: Paris-luttes.info


Mittlerweile ist fast sechs Uhr abends und die Gilets werden über Megaphone aufgefordert, ihre gelben Westen abzulegen und über die Checkpoints der Gendarmerie den Ort zu verlassen. Die kurz darauf entstehende gespenstische Situation, des von seinen Bürgern verlassenen Zentrums von Paris, ist symbolisch dafür, dass der Kampf so nicht weitergeführt werden kann. Werden jetzt die Tage der Schildkröte kommen oder die Tage einer flexiblen, basisdemokratischen Organisierung des Kampfes?
