Kurze Geschichte des Kubanischen Trotzkismus

Quelle: https://www.lavocedellelotte.it/it/2018/01/09/breve-storia-del-trotskismo-cubano/
Übersetzung: fhecker

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Dieser Artikel ist ein Streifzug zu den Ursprüngen des kubanischen Trotzkismus. Er konzentriert sich auf die Erfolge und Grenzen, die in der sozialen und politischen Geschichte der Insel eine bedeutende, fundamentale Rolle spielten und mehr als einmal verschwiegen wurden.

Die Ursprünge des kubanischen Trotzkismus resultieren aus der Fraktionsbildung im August 1932 innerhalb der Kommunistischen Partei. Die Fraktion nannte sich Oposiciòn Comunista de Cuba (OCC). Sie opponierte gegen die  stalinistische. sektiererisch klassenfeindliche Politik und ihre bürokratische Methoden.

Sandalio Junco. von Beruf Bäcker, war einer der herausragenden Exponenten dieser Gruppe. Seit 1925 stand er in enger Verbindung mit Julio Antonio Mella, den er im Gefängnis kennenlernte. Beide wurden beschuldigt im Theater Payret de la Habana eine Bombe gelegt zu haben. Sandalio Junco war einer der wenigen farbigen Spitzenkader der Kommunistischen Partei. Er wurde 1942 von stalinistischen Agenten ermordet.

Sandalios Annäherung an den Trotzkismus fand während seiner Reise in die UdSSR statt, wo er mit Führern der Internationalen Linken Opposition in Kontakt kam und von dem Katalonen Andrés Nin gewonnen wurde, bevor er 1930 aus der Sowjetunion ausgewiesen wurde. Neben Nin stand auch der Student und Dichter Juan Ramon Breà. Sie lernten sich im Gefängnis Modelo in Barcelona kennen. Später musste der Student wegen der heftigen Repression der Machado-Regierung ins Exil gehen.

Breà, wurde beauftragt, Kontakte zwischen spanischen Trotzkisten und Kuba zu erleichtern und politische Zeitschriften und Bücher auf der Insel zu verbreiten, insbesondere die spanische Zeitschrift Comunismo, die zwischen 1931 und 1934 herausgegeben wurde. Jahre später wird der junge Dichter zusammen mit dem Surrealisten Benjamin Peret und dem Schriftsteller George Orwell im spanischen Bürgerkrieg mit der POUM kämpfen.

Zu Junco und Breà gesellten sich offensichtlich noch weitere Führungspersönlichkeiten: Marco García Villarreal, Pedro Varela, Carlos Gonzàlez Palacios, Carlos Simeòn, Luìs M. Busquet, Roberto Fontanillas, Armando Machado und Carlos Padròn, um nur einige zu nennen.

Die OCC hatte Einfluss in Schlüsselorganisationen: auf Gewerkschaftsebene, in der Federación Obrera de la Habana (FOH), wo Junco und andere Trotskisten ein gewisses politisches Gewicht in der Ejecutiva Mesa, auf Studentenebene in Ala Izquierda Estudiantil (AIE) und auf demokratischem Gebiet in der Verteidigung politischer Gefangener durch Einflussnahme auf die Organisation Defense Obrera Internacional (DOI) erlangen konnten. Neben La Havanna konnten diese auch in andere wichtige Regionen wie Matanzas, Santiago de Cuba, Guantanámo und den Norden der östlichen Provinz vordringen. Ende 1932 wurden die OCC-Mitglieder endgültig aus dem PC ausgeschlossen.

Historische Ursprünge der 59er Revolution

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Marcia cubana a Guantanámo. 15 settembre del 1933. Ph Keystone France/Getty

Die Trotzkisten spielten eine sehr wichtige Rolle in dem 1933 begonnenen revolutionären Prozess, da die FOH einen Generalstreik startete (nach dem Streik, der im Juli von Transportarbeitern begonnen wurde), der mit Gewerkschaftsforderungen begann und sich schnell in einen politischen Streik verwandelte, da sie sich gegen die heftige Diktatur von Machado wandte, die von der nordamerikanischen Regierung unterstützt wurde. Der OCC leitete auch das Streikkomitee von Guantanámo, einem Gebiet in der östlichen Region, das für das Ausmaß der Ausbeutung und Armut seiner Arbeiter bekannt war. Nach Ansicht des Historikers Rafael Soler haben die Trotzkisten hundert Kämpfer erhalten, die für vierzigtausend Zucker produzierende Arbeiter verantwortlich waren, die mit Stöcken und Macheten bewaffnet waren.

Im September 1933 fiel die Machado-Regierung, aber die soziale Unzufriedenheit hielt an. Die Trotzkisten gründeten die Partido Bolchevique Leninista (Bolschewistische Leninistische Partei), die während der nationalistischen Regierung von Grau und Guiteras in die kubanische Politik eingriff. Obwohl die Trotzkisten zu Recht argumentierten, dass Kuba ein halbkoloniales Land sei, eine Politik gegenüber den schwarzen Arbeitern vertraten, die sie aufforderten, sich dem Kampf anzuschließen, sich der stalinistischen Politik des „Sozialismus in einem einzigen Land“ zu widersetzen und die Vereinigte Front zu nutzen, um sich der Bourgeoisie und dem nordamerikanischen Imperialismus entgegenzustellen (und auch das negative Verhalten der KP anzuprangern), führte die starke Repression, die nach dem Staatsstreich von Batista erlitten wurde dazu, dass sie in eine schwere Krise gerieten, die durch das Fehlen einer homogenen Führung verschärft wurde und ein Symbol für eine starke strukturelle Schwäche war. Es sei daran erinnert, dass gerade in diesem Moment der revolutionäre Zyklus, nach dem Scheitern des Streiks vom März 1935, in dem die Kräfte der Arbeiterbewegung gespalten waren, beendet war. Laut Daniel Gaido y Costanza Valera hatte der Partito 1934 zwischen sechshundert und achthundert Kämpfer.

Doch 1935 war der Trotzkismus aufgrund interner Differenzen auseinander gebrochen. Einer der Hauptgründe dafür war die Politik von Joven Cuba (Jovane Cuba), einer antiimperialistischen, kleinbürgerlichen Gruppe, von Antonio Guiteras,  der am 8. Mai 1935 ermordet wurde, gegründet. Trotzki bekräftigte inmitten der Grau-Guiteras-Regierung, dass wir in Bezug auf Kuba „[…] die Eroberung der Macht nicht selbst als unmittelbare Aufgabe übernehmen können, wenn die Mehrheit der kleinen ländlichen und städtischen Bourgeoisie uns nicht folgt“. Obwohl der ursprüngliche Plan der bolschewistischen leninistischen Partei darin bestand, die organisatorische und politische Unabhängigkeit von Joven Kuba aufrechtzuerhalten, verwässerte sich am Ende ein Sektor in ihm und gab dem nationalistischen Druck nach. Nach einigen Quellen (2), kam die Organisation zu Beginn auf fünfzehntausend Mitglieder.

Am 19. September 1940 wurde der Partido Obrero Revolucionario (POR) gegründet. Obwohl er ein Bündnis mit dem Partido Revolucionario Cubano des ehemaligen Präsidenten Ramòn Grau San Martin schloss, hielt dieses nicht lange an. Bereits 1946 wurde es durch die Ermordung eines ihrer Arbeiterführer, Rogelio Benache und infolge der Folterungen in den Gefängnissen von Batista stark geschwächt. Ein weiterer seiner Anführer war Pablo Diaz, einer der Überlebenden von Granma.

Trotz dieses Zerfalls kehrten die Trotzkisten Jahre später wieder ins Rampenlicht zurück und beteiligten sich an der Organisation des Generalstreiks 1957 in Santiago, nach der Ermordung von Frank Paìs, des städtischen Leiters der M26 (Bewegung vom 26. Juli). Während dieses heftigen Streiks hatte der Arbeiter Gustavo Fraga, obwohl er seit seiner Gründung ein Kämpfer der M26 und Leiter dieser Organisation in Guantanámo war, eine führende Rolle inne, in der er sich bis zu seinem Tod im August 1957, wegen eines Unfalls mit Sprengstoff, behauptete. Fraga war einer der vielen trotzkistischen Militanten, die in die radikale nationalistische Bewegung M26 eintraten, die von Castro und Che Guevara kommandiert wurde. Diese Kämpfer nahmen an dem großen Streik vom Januar 59 teil, der den Triumph der Revolution mit den Milizen und den Arbeitern ermöglichte. In Santiago gelang es ihnen, die Sektion auch bei Sabotageaktionen zu leiten.

Einige Zeit später gelang es der POR, sich zu reorganisieren, was sich in der Gründung des Partido Obrero Revolucionario Trotskista (POR – T, Trotzkistische Revolutionäre Arbeiterpartei) niederschlug. Er war mit einem trotskistischen Sektor verbunden, der Posadismus (von Juan Posadas) genannt wurde, einer Gruppe, die eher propagandistisch als organisatorisch wirkte. Die posadistische Anführerin Olga Scarabino reiste nach Kuba und knüpfte schnell gute Beziehungen zu Mitgliedern der M26, die ihr sofort einen Platz im Radio und Fernsehen einräumten. In einer ihrer Sendungen von 1959 lud Scarabino alle Trotzkisten auf der Insel ein, sich zusammenzuschließen, um eine trotzkistische Partei in Kuba wieder aufzubauen. Und schließlich wurde die Partei am 6. Februar 1960 gegründet.

Ihre Zusammensetzung bestand größtenteils aus Arbeitern. Einer der zentralen Punkte, auf die sich die Kritik an der Castro-Regierung stützte, war die Notwendigkeit der Unabhängigkeit innerhalb der Gewerkschaften und die Notwendigkeit einer breiteren Demokratie in den kubanischen Arbeitnehmerorganisationen. Sie forderten Freiheit bei der Wahl von Gewerkschaftsführern und lehnten die Einführung einer „Einheitsliste“ ab. Sie hielten auch die Schaffung grundlegender Organismen für wesentlich, die notwendig sind, um die Errungenschaften der Revolution zu konsolidieren und auszuweiten. Ein weiterer korrekter Slogan, den sie erhoben, war die Wahl der Offiziere in den Milizen.

Die permanente Revolution in Kuba

Im Laufe der Zeit wurden die Trotzkisten der POR (T) nach dem Scheitern der nordamerikanischen Invasion der Schweinebucht (April‘ 61) und der Annäherung Kubas an die UdSSR einer ständigen Verfolgung ausgesetzt. Castro führte zwischen 1962 und 1965 eine Welle sehr harter Verhaftungen gegen trotzkistische Militante durch und beschuldigte sie, CIA-Agenten zu sein, weil sie den Slogan „Outside the Yankees from Guantanámo“ kreiert hatten. Guevara unterstützte zunächst die Verfolgungsmaßnahmen lehnte sie dann aber ab. Er setzte sich auch dafür ein, einige Kämpfer zu befreien, die im Gefängnis von La Cabaña de La Habana inhaftiert waren. Unter ihnen war auch Roberto Acosta, ein Trotzkist, der eine sehr wichtige Rolle in dem Ministerium spielte, dem er vorstand (Industrie), und der vor längerer Zeit geholfen hat, das verstaatlichte Elektrizitätsunternehmen zu organisieren. Che gab den Befehl, ihn freizulassen, nachdem er mit ihm geredet hatte, und dasselbe geschah mit einem anderen trotzkistischen Militanten, Armando Machado.

Wenig später verbündete sich Guevara mit der kubanischen Regierung, während sich der Prozess der Bürokratisierung auf der Insel beschleunigte. Seitdem wurden die Trotzkisten, die in Kuba geblieben waren, sofort inhaftiert und ständigen staatlichen Schikanen ausgesetzt, bis 1973 eine neue Welle der Unterdrückung einsetzte, auch wegen des ständigen Drucks, den die UdSSR auf Castro und die kubanische Bürokratie ausübte. Doch trotz der Verfolgung und Anschuldigungen des Castros Regime erreichte das kubanische Volk dank der Revolution dennoch hohe soziale Ansprüche.

note

1. Er sprach die Notwendigkeit einer antiimperialistischen Landreform an, lehnte aber die Einheit des Handelns mit anderen linken Kräften ab, die gegen Machados Diktatur waren.

2. Fernando Martinez Heredia, La Rivoluzione Cubana del 30. Saggi, Ed. Ciencia Sociales, L’Avana, 2007.

Übersetzung: fhecker

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