CIA – Alarm

CIA.svgQuelle: il manifesto| Autor: IGNACIO RAMONET *

Bericht des US-amerikanischen Auslandnachrichtendienstes:

zum ersten Mal seit dem 15. Jahrhundert verliert der Westen die Vorherrschaft gegenüber China und den „Brics-Staaten„.

Während die EU ihren Zusammenhalt verliert, wächst das „Facebook“- und „Twitter“-landvolk aber auch die Übermacht der Informationsmagnaten. Mit dem Verbrauch der natürlichen Ressourcen wachsen die Konflikte um das Wasser.

Ein langer Niedergang bis 2030. Um eine Vorstellung von Bedeutung und Geschwindigkeit der westlichen Deklassierung zu erhalten, reicht die Darstellung folgender Zahlen: Der Anteil der westlichen Länder an der globalen Ökonomie wird bis 2030 von derzeit 56% auf 25 % sinken…, schreibt Ignacio Ramonet1.

CIA-Alarm.pdf

Mit Beginn der neuen Präsidentschaft in den Vereinigten Staaten, veröffentlicht der National Intelligence Council (NIC) alle vier Jahre seinen Bericht, auf den sich automatisch die Außenministerien der Welt beziehen. Auch wenn es sich ganz offensichtlich um eine sehr partikuläre Sichtweise (die Washingtons) handelt, vom CIA aufbreitet, dessen hauptsächliche Mission es ist, die Interessen der Vereinigten Staaten zu wahren, ist der Bericht des NIC unbestreitbar nützlich. Er ist das Resultat einer Gemeinschaftsarbeit -ein Überblick aller Geheimdienste der Vereinigten Staaten-, von unabhängigen Experten ausgearbeiteten Studien aus vielerlei Ländern (Europa, China, Indien, Afrika, Lateinamerika, arabisch-muslimische Welt, etc.)

Das vertrauliche Dokument, das Präsident Barack Obama, nachdem er seine zweite Amtszeit antrat, am 21. Januar auf seinem Schreibtisch vorfand, ist eben erst unter dem Titel »Global Trends 2030. Alternatives Worlds« veröffentlicht worden. Was sagt es uns? Die wichtigste Feststellung ist der Niedergang des Westens. Zum ersten Mal seit dem 15. Jahrhundert verlieren die westlichen Länder durch den Aufstieg der Schwellenländer an Macht. Es beginnt die Schlussphase von 5 Jahrhunderten westlicher Weltherrschaft.

Auch wenn die Vereinigten Staaten eine der wichtigsten Weltmächte bleiben werden, verlieren sie ihre ökonomische Hegemonie an China. Und sie werden auch nicht mehr die „alleinige militärische Hegemonie“ausüben wie sie es seit Beendigung des Kalten Krieges (1989) tun. Wir schreiten zu einer multipolaren Welt voran, in der die neuen Akteure (China, Indien, Brasilien, Russland, Südafrika) solide regionale Pole darstellen und Washington und seinen Alliierten (Japan, Deutschland, Großbritannien, Frankreich) die internationale Vormachtstellung streitig machen. Bis 2030 also ein langwährender Niedergang.

Um eine Vorstellung über die Bedeutung und die Geschwindigkeit der westlichen Deklassierung zu erhalten, reicht die Darstellung folgender Zahlen: Der Anteil der westlichen Länder an der globalen Ökonomie wird bis 2030 von derzeit 56% auf 25 % sinken… Demnach wird der Westen in weniger als zwanzig Jahren mehr als die Hälfte seines ökonomischen Einflusses verlieren… Eine der daraus sich ergebenden Konsequenzen wird sein, dass die USA und ihre Alliierten wahrscheinlich nicht mehr die finanziellen Mittel haben werden, um die Rolle des Weltpolizisten zu spielen…; sodass dieser strukturelle Wandel (der zur aktuellen Finanz- und ökonomischen Krise hinzukommt) das verwirklichen könnte, was weder Sowjetunion noch Al-Qaeda erreicht haben: beständig den Westen zu schwächen.

Der Bericht sagt auch, dass die Krise in Europa noch wenigstens ein Jahrzehnt anhalten wird – also bis 2023… Und weiter heißt es im Bericht des CIA, dass es nicht sicher sei, ob die Europäische Union ihre Zusammengehörigkeit halten wird. In kürzester Zeit wird sich China als zweite ökonomische Macht herausstellen, mit weiterer Tendenz, die erste zu werden. Gleichzeitig platzieren sich die anderen Staaten der Brics-Gruppe (Brasilien, Russland, Indien und Südafrika) in der zweiten Reihe und machen direkt den alten Imperien der Jafru-Gruppe (Japan, Deutschland, Frankreich, Großbritannien)2. In der dritten Reihe tauchen nun einige mittlere Mächte auf, mit anwachsender Demographie und mit starken ökonomischen Wachstumsraten: die Cinety-Gruppe (Kolumbien, Indonesien, Äthiopien, Türkei, Vietnam). Aber von heute bis 2030 wird sich auch ein neues internationales System entwickeln. Einige der größten Gemeinwesen werden nicht mehr Länder sein, sondern Gemeinschaften, die unter sich über Internet und soziale Netzwerke zugehörig und verbunden sind. Dafür stehen als Beispiele „Facebookland“ mit mehr als einer Milliarde Nutzern… Oder „Twitterland“mit mehr als 800 Millionen… Ihr Einfluss im Mächtespiel der globalen Geopolitik, wird sich als entscheidend herausstellen. Die Machtstrukturen werden dank dem universellen Zugang zum Netz und der Verwendung neuer Software fließend.

Darauf bezogen prognostiziert der CIA-Bericht wachsende Spannungen zwischen den Citoyens und einigen Regierungen, die verschiedene Soziologen in ihrer Dynamik als «post-politisch» oder «post-demokratisch» definieren… Einerseits wird der generelle Zugang zum Netz und der universelle Gebrauch neuer Technologien den Bürgern erlauben, einen höheren Grad an Freiheit zu erreichen und seine politischen Repräsentanten herauszufordern (wie während des arabischen Frühlings oder der Krise in Spanien durch die Indignados). Doch gleichzeitig liefern, laut Bericht, die gleichen elektronischen Mittel den Regierungen „bisher nicht gekannte Möglichkeiten der Kontrolle über die eigenen Bürger.“

Und die Analysten von Global Trends 2030 ergänzen: „sie werden weiterhin die große Planiermaschine sein und die zukünftigen Magnaten des Internet, welche Google und Facebook werden könnten, besitzen ganze Berge an Daten und verwalten in realer Zeit mehr an Informationen als irgendeine Regierung“. Deshalb empfiehlt die CIA der US-Administration, dieser eventuellen Gefahr seitens der großen Internetunternehmen durch die Aktivierung des Special Collection Service entgegenzuwirken. Dies ist ein Ultrageheimdienst – mitverwaltet durch die NSA (National Security Agency) und durch den SCE (Service Criptology Elements) der Streitkräfte- der auf das Abfangen geheimer Informationen digitalen Ursprungs spezialisiert ist. Die Gefahr, dass eine Gruppe Privatunternehmen diese Masse an Daten kontrolliert, besteht prinzipiell in der Möglichkeit, auf großer Skala die Weltbevölkerung und auch Regierungsorganisationen zu konditionieren. Es wird auch befürchtet das der jihaddistische Terrorismus durch einen wirksameren Cyberterrorismus ersetzt wird.

Die schnelle Verabschiedung vom Süßwasser. Der CIA nimmt diesen neuen Charakter an Gefahren umso ernster, weil schließlich der Niedergang der USA nicht durch eine äußerliche, sondern innere Ursache provoziert wurde: der 2008 begonnene ökonomische Zusammenbruch. Der Bericht hebt die Tatsache hervor, dass die heutige Geopolitik sich den neuen Phänomenen anzunehmen habe, die nicht notwendigerweise militärischen Charakter ausweisen. Auch wenn die militärische Bedrohungen nicht verschwunden seien (siehe die Einschüchterungen gegenüber Syrien oder das kürzliche Verhalten Nordkoreas und seine Ankündigung eines möglichen Atombombeneinsatzes), seien die hauptsächlichen Gefahren von heute, die unsere Gesellschaften bedrohen, nicht-militärischen Charakters: Klimawandel, ökonomische Konflikte, organisiertes Verbrechen, Verbrauch der natürlichen Ressourcen… Zu letzterem bemerkt der Bericht, dass die am schnellsten, sich erschöpfende Ressource das Süßwasser sei. Im Jahr 2030 werden 60% der Erdbevölkerung derart Probleme in der Wasserversorgung haben, dass es zu «hydrischen Konflikten» kommen werde… In Hinsicht eines Endes der Kohlenwasserstoffe zeigt sich der CIA optimistischer als die Ökologen. Dank der neuen Techniken des Fracking (hydraulische Frakturierung), erreicht die Förderung von Öl und Ölschiefergas außerordentliche Ergebnisse. Die Vereinigten Staaten sind schon in Bezug auf Gas Selbstversorger und werden bis 2030 auch in der Ölförderung unabhängig sein, was eine Verringerung der Produktionskosten und die Rückverlagerung von Industrien bedeutet. Wenn die USA – wichtiger Importeur von Kohlenwasserstoffen – mit dem Import von Petroleum aufhören, ist mit einem Preisverfall zu rechnen. Was werden die Konsequenzen für die aktuellen Exportländer sein?

In der Welt, der wir entgegengehen, werden 60% der Menschen – zum ersten Mal in der Menschheitsgeschichte – in den Städten leben. Und in der Konsequenz beschleunigter Armutsreduktion, werden die Mittelklassen sich verdreifachen und dominant. Ihr Anteil wächst von einer auf drei Milliarden Personen. Das ist für sich schon eine kolossale Revolution. Sie bewirkt u.a. einen generellen Wandel der Ernährungsgewohnheiten und besonders eine Zunahme der Fleischkonsums auf der Weltbühne. Das wird die Umweltkrise verschärfen, da die Aufzucht von Rindern, Schweinen, Geflügel sich vervielfachen wird und damit der Wasserverbrauch (für die Produktion von Futter, Düngemittel und Energie). Das hat seine negativen Auswirkungen in Bezug auf Treibhauseffekt und globale Erwärmung…

Der Bericht des CIA prognostiziert für das Jahr 2030 eine Erdbevölkerung von 8,4 Milliarden, wobei die demographische Zunahme in allen Kontinenten, außer Afrika, aufhören wird. Die Konsequenz daraus ist die Überalterung der Weltbevölkerung. Dafür wird sich das Verhältnis Mensch und technologische Hilfsmittel rasant entwickeln, hin bis zu neuen Generationen von Robotern und dem Auftreten von «Supermenschen» mit bislang unerreichten physischen und intellektuellen Kapazitäten.

Die Zukunft ist kaum vorhersagbar. Auch wenn wir schon erwähnt haben, dass der vierjährige Bericht seine eigene CIA-Sichtweise von der globalen Entwicklung hat, ist er doch eine äußerst nützliche Informationsquelle. Seine Lektüre hilft uns der rapiden Evolution bewusst zu werden und über Möglichkeiten der Intervention und Orientierung zu reflektieren, um eine gerechtere Zukunft zu gestalten.

Ignacio Ramonet ist Direktor von: Le Monde diplomatique, edizione in lingua spagnola


Übersetzung G.Melle, Quelle: www.democraziakmzero.org.

CIA-Bericht: http://www.dni.gov/index.php/about/organization/national-intelligence-council-global-trends 

1Direktor der Monatszeitung für internationale Politik: Le Monde diplomatique (spanische Ausgabe)

2das Akronym Jafru resultiert aus der spanischen Bezeichnung dieser Länder;

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