Von Jörn Boewe
Gewerkschaftsnahe Stiftung bundesweit im Zeitarbeitsgeschäft: »Ressourcen von über 80000 Fachkräften«. In Vorstand und Kuratorium sitzen hochrangige ver.di-FunktionäreNach dem DGB muß sich nun auch die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di eine zweideutige Haltung zur Leiharbeit vorwerfen lassen. Die gewerkschaftsnahe »DAA-Stiftung Bildung und Beruf«, das ehemalige Bildungswerk der 2001 in ver.di aufgegangenen Deutschen Angestellten-Gewerkschaft (DAG), ist mit mindestens zwei Tochterfirmen einschlägig aktiv. Darauf machte am Dienstag abend die unabhängige Initiative »Leak Leiharbeit« aufmerksam.
Im Unterschied zur mittlerweile in Abwicklung befindlichen DGB-Leiharbeitstochter »Weitblick-Personalpartner«, deren Geschäfte jW im Januar öffentlich gemacht hatte, handelt es sich bei der »DAA-Zeitarbeit« um ein Großunternehmen mit »vorhandenen Ressourcen von über 80000 Fachkräften«, wie die Stiftungstochter auf ihrer Internetseite unter der Rubrik »Für Arbeitgeber« wirbt. »Als Mitglied im Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen e.V. (iGZ) erhalten unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von der DAA Zeitarbeit Arbeitsverträge nach Tarifvertrag iGZ/DGB mit den üblichen Sozialleistungen.« In der Lohngruppe Eins heißt das: 8,19 Euro die Stunde im Westen und 7,50 Euro im Osten.
Ver.di-Sprecher Christoph Schmitz erklärte auf Anfrage, es handele sich bei der DAA um »kein Tochterunternehmen von ver.di«, sondern eine »wirtschaftlich und organisatorisch eigenständige Stiftung«. Schmitz räumte ein: »Wir kennen die Organisation.«
Das darf man auch erwarten: Vorsitzender der Stiftung ist Gerd Herzberg. Herzberg war bis September 2011 stellvertretender Bundesvorsitzender von ver.di. Stellvertreterin von Herzberg im dreiköpfigen DAA-Vorstand ist Dina Bösch, Mitglied im ver.di-Bundesvorstand und dort zuständig für betriebliche und Unternehmensmitbestimmung und gewerkschaftliche Bildung. Im neunköpfigen Stiftungskuratorium stellt ver.di sechs Mitglieder: Andrea Kocsis, stellvertretende Bundesvorsitzende, Bundesvorstandsmitglied Lothar Schröder, die baden-württembergische ver.di-Landesvorsitzende Leni Breymaier, die stellvertretenden Vorsitzenden des ver.di-Gewerkschaftsrates Andrea Pohl und Werner Filipowski sowie das Gewerkschaftsratsmitglied Gabriele Platscher.
Nach ihrem Jahresbericht 2010 erzielte die DAA-Stiftung einen Umsatz von 200 Millionen Euro und ist an 19 Tochtergesellschaften beteiligt. Bei den meisten handelt es sich um Bildungsträger. Mit der »ZAP – Zeitarbeit, Arbeitsvermittlung und Projektmanagement GmbH« ist aber mindestens noch ein weiteres Leiharbeitsunternehmen Teil des Konzerns. Geschäftsführer der ZAP, die ihren Sitz in Eberswalde bei Berlin hat, ist Lutz Kleinfeldt. Kleinfeldt ist zugleich Regionalkreisleiter des Unternehmerverbandes IGZ für Brandenburg.
»Wir verdienen nicht an Leiharbeit«, betonte Schmitz. Die ver.di-Vertreter in den Stiftungsgremien müßten sich an die gewerkschaftlichen Leitlinien halten: Leiharbeit dürfe »nur der Absicherung von Auftragsspitzen und nicht der Verdrängung von Stammbeschäftigten« dienen. Bei der DAA-Zeitarbeit liest sich das so: »Wir stellen die passenden Mitarbeiter (…) und Sie zahlen nur für die geleistete Arbeit. Sie tragen kein Arbeitgeberrisiko, z.B. für Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder Urlaub.« Und: »Dadurch sparen Sie sich die aufwendige und langwierige Personalsuche, Personalauswahl und Personaleinstellung.«