Made in Italien: Kugeln gegen Demonstranten

Veröffentlicht auf you tube am 30/11/2012

Carthage Online (28-11-2012) Dutzende Tunesier vor dem Sitz des Innenministeriums wegen der Ereignisse in der Stadt Siliana. Sie forderten den Rücktritt von Innenminister Ali und beschuldigten die Sicherheitskräfte wegen des brutalen Einsatzes von Gewalt gegen friedliche Demonstranten.

Siehe dazu auch den Artikel von Maha Saidi in controlacrisi.org

zur Übersetzung

In Tunesien geht der nunmehr schon zehntätige Protest gegen die Regierung Hamadi Jebali, Generalsekretär der Bewegung Ennahda und derzeitiger Premierminister, weiter. Die Gründe dafür sind die gleichen, die am 17. Dezember 2012 den Jungen Mohamed Bouazizi zur Selbstverbrennung trieben: Extreme Armut, hohe Erwerbslosigkeit, Mangel an Perspektiven für die Zukunft sowie die stetige Repression von Seiten der Polizei. Mit seinem Tod begann der arabische Frühling, der innerhalb weniger Monate die nordafrikanischen Länder des Mittelmeerraumes erfasste. Für Tunesien war es der Beginn einer Revolution, der zum Sturz des Diktators Zine el Abidine Ben Ali führte, der den meisten westlichen Ländern unterstützt wurde. Bei den Wahlen im Oktober 2011 ging die Partei Ennahda (Al Nahda – Renaissance) des Islamisten Ghannouchi siegreich hervor, der sich moderat in der Wahlkampagne gab.

Seither ist wenig mehr als ein Jahr vergangen und man hat nur eines nicht gesehen: die Moderiertheit! Als Beispiel dafür steht die Antwort der Polizei auf die spontanen Demonstrationen vor dem Regierungssitz. Als die Situation entgleiste, reagierte die Polizei zunächst mit Tränengas und schoss dann auf die Leute, so als wären sie Jagdwild, mit Jagdgewehren. Dies ist eigentlich in allen Ländern, die sich demokratisch definieren, verboten. Aber es kommt noch besser. Um die Wogen zu glätten, sei es auch nur zeitweise, ließ jemand, der den Machtzentren nahe stand, das Gerücht verbreiten, dass der Gouverneur von Siliana zurückgetreten sei. In Siliana waren die Proteste am stärksten. Am Tag darauf, nachdem bekannt wurde, dass das Gerücht nicht stimmte, gingen die empörten Bürger wieder auf die Straße und skandierten die Botschaft: “Regiere nur, aber alleine!” Die Bevölkerung von Siliana, ab jetzt als die “Märtyrer” bezeichnet, verließ symbolisch die Stadt und marschierte 120 km zu Fuß nach Tunis.

Die Patronenhülsen, die nach den Auseinandersetzungen mit der Polizei gefunden  wurden, waren made in Italia: Die Notiz verbreitete sich schnell in ganz in Tunesien. Auf dem Patronenboden ist der Name der Marke “Nobel Sport” eingraviert. Die Reaktion in den Sozialen Netzwerken kam prompt mit Äußerung der Empörung über Italien. Die Innenministerin Anna Maria Cancellieri antwortete darauf mit dem sehr freundlichen Geschenk zweier Patrouillenboote für die bessere Kontrolle der tunesischen Gewässer. Sicherlich war die Motivation die Furcht, dass die tunesische Regierung eines Tages ohne Volk dasteht, denn der Migrationsfluss hat erneut eingesetzt, der Italien bereits während des arabischen Frühlings in Schwierigkeiten  brachte, weil es nicht in der Lage war auf den sogenannten “nordafrikanischen Notstand” adäquat zu reagieren.

Wiederum ist Facebook das Werkzeug, um die Weiterführung der Revolution zu bewegen! Allein an den ersten Tagen der Demonstrationen wurden in Silian 300 Personen verletzt. Amnesty International und die Hohe Kommissarin für Menschenrechte Navi Pillay haben die tunesischen Behörden aufgefordert, die “exzessive Gewalt” gegen Demonstranten zu beenden. Im ganzen Land ist das Ferment des Wiederstandes wieder aufgegangen: In Tunis und Kef gab es Solidaritätsdemonstrationen gegen eine falsche Politik des Wachstums und der Entwicklung des Landes aber vor allem gegen die unerfüllten und hoffnungsvollen Versprechen der Nahda Partei und ihren Unterstützern, der Ettakol und der tunesischen Troika. […]

In den Tagen darauf bis heute gingen die Leute auf die Straße und verlangen den Rücktritt des Gouverneurs Ahmed Mahjoubi sowie ein Programm der Entwicklung Tunesiens. Nejib Sebti, Regionalvorsitzender der Gewerkschaft Ugtt sagte: “Unsere Forderungen sind die gleichen wie in den Tagen der Revolution. Wir wollen Arbeitsplätze, regionale Entwicklung und eine gleiche Aufteilung des Reichtums.” Diese Forderungen sind auch Forderungen des ganzen tunesischen Volkes. Sie sind sicherlich nicht unerhört geblieben, denn die falschen Verteidiger der Revolution haben dem historischen Sitz der Gewerkschaft Ugtt einen freundlichen Besuch abgestattet, dessen Bilanz 10 Verletzte Gewerkschafter ausmachte. […]

auszugsweise Übersetzung von G- Melle          

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