– und es reicht noch immer nicht!
Autor: Argiris Panagopoulos
Übersetzung Il Manifesto v. 14.02.2012
Premierminister Papadimos kündigt für April Neuwahlen an. Die Situation ist sowohl auf der Straße wie unter den zerstrittenen Regierungsparteien sehr angespannt. Es gab hunderte verwundete Demonstranten und Polizisten während der Zusammenstöße am vergangenen Sonntag. Der deutsch-europäische Druck jedoch hält an und wird verstärkt: “Man braucht weitere schriftliche Vereinbarungen”.
Der massive Protest gegen das neue Memorandum in den letzten Wochen hat das Ende des Zweipar-teiensystems in Griechenland be-siegelt. 43 Abgeordnete der beiden großen Parteien, wurden nach dem Parlamentsvotum über die Forderungen der Troika zurecht-gewiesen. Das hat die Entscheidung der Regierung beschleunigt, vor-gezogene Wahlen im April des Jahres anzukündigen. Der Minister für Bürgerschutz, wie er jetzt, nach der Umbenennung des Innenministeriums mit einem gewissen Euphemismus heißt, hat den Einsatz der Polizei im Zentrum Athens und anderer Städte verteidigt, obwohl sich der Rauch der Brände in der vergangenen Nacht noch nicht verzogen hat. Sogar der über achtzigjährige Glezos und Mikis Theodorakis mussten in der Ambulanz des Parlaments behandelt werden, weil ihnen die Polizei des demokratischen Staates eine Portion Gas aus Israel verpasste. Saloniki, Sparta, Iraklio auf Kreta, Korfu und Volos haben sich in Schlachtfelder verwandelt. In Athen schürten wiederholte Ver-suche der Polizei, die wenigen Quadratmeter des Syntagmaplatzes zu besetzen, die Wut der vielen Jugendlichen; was den bei solchen Anlässen “üblichen Unbekannten” die Gelegenheit bot, für verbrannte Erde zu sorgen. Unermüdlich versicherte der Finanzminister Venizelos, dass die Abstimmung im Parlament in der Nacht zum Montag, vor Öffnung der Geschäfte, vollzogen sei. Völlig unklar war jedoch, wie die Regierung der internationalen Medienlandschaft und den Spe-kulanten ein “sauberes Bild” der Hauptstadt Athen liefern konnte. Sie zögerte daher nicht alles verfügbare Gas einzusetzen, um mit unwahrscheinlicher Gewalt, die mächtige friedliche Demonstration gegenüber dem Parlament auf dem Syntagmaplatz zu zerstreuen. Athen verwandelte sich in ein Schlachtfeld der Stadtguerilla. Das Ergebnis: 47 beschädigte Gebäude, zwei völlig ausgebrannte traditionsreiche Kinos, Dutzende zerstörte Geschäfte und Banken. 74 Bürger/Innen und 68 Polizisten, die in verschiedenen Kran-kenhäusern der Hauptstadt mit Atemwegprobleme und unterschied-lichsten Wunden behandelt werden mussten. Die Polizei sprach von 67 Festnahmen. Aber wer glaubt denn, dass einige wenige Gruppen jugendlichster “Anarchisten” ein solches Chaos veranstalten können? Selbst die Kommunistin Papariga, die Sekretärin der Ordnungspartei auf den Plätzen von Athen, hat in der gestrigen Pressekonferenz von “organisierter staatlicher Provokation” gesprochen. |
Papariga, die sich mit ihrer Partei immer weit weg vom Syntagmaplatz und den schon traditionellen “Vorfällen” gehalten hat, hat in der Parlamentssitzung am Sonntag-abend das Vorgehen der Polizei verurteilt. Sie stellte an die Regierung die Frage, wie sie behaupten könne, dass 50 vermummte Extremisten ein solches Chaos erzeugt haben. Papariga, Tsipras und Koubelis haben etwas abgewandelt, die gleiche Frage gestellt: “Wäre die Polizei nicht auf dem Platz gewesen, wäre es dann zu den gleichen Ausschreitungen gekom-men?” Und wie viel Polizei da war! Sie sorgte dafür, dass in den dicht mit Demonstranten gefüllten Straßen, im Umkreis von einem Kilometer beim Parlament, die Hölle losging. Auf den staatlichen und privaten Kanälen “verschwanden” indessen hundertausende friedliche Demon-stranten zugunsten der editorialen Generallinie: zur einen Hälfte die Parlamentssitzung mit Venizelos und Papadimos mit ihren Beschwörungen ”entweder das Memorandum oder das Chaos” und zur anderen Hälfte wurde den Fernsehzuschauern das Chaos präsentiert, die brennenden Bar-rikaden und ein leerer Platz. Die TV-Sender sprachen von 80000 Personen, quasi alle von der KKE (Komm.Partei Griechenland), die sich einige hundert Meter vom Syntagmaplatz entfernt aufhielten. Die Griechen sagten Nein zur Erpressung. Die Parteien der “Troika”, die starken politischen Kräfte in Griechenland, Brüssel und Berlin haben es noch nicht begriffen, dass die Leute keine Angst haben. Viele Griechen be-kämpfen die aufgezwungenen antisozialen Maßnahmen und nur wenige resignieren und es sind noch weniger, die schweigen. Der Staat begeht einen großen Irrtum, wenn er den Forderungen der Leute (v.a. der jungen) mit Gewalt antwortet. Gerade die jungen Leute müssen mit 300 bis 400 € Netto auskommen, vorausgesetzt, dass sie überhaupt irgendeine Arbeit finden. Die nächsten Tage und Wochen werden für Papadimos und seine Regierung schwierig werden, denn die Situation wird äußerst angespannt bleiben. Beide Chefs der Regierungsparteien müssen bis Mittwoch schriftlich ihre Kapitulation gegenüber der Eurogruppe sowie ihre Bereitschaft, das Memorandum zu akzeptieren, erklären. Die Praxis wurde bereits bei den Iren und Portugiesen angewandt. Der Regierungssprecher Kapsis sprach vom Beginn “der Wochen des Teufels”. übersetzt von Roberto Greco |