Thyssen-Krupp Turin – Verurteilung der Manager durch das Schwurgericht Turin

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Mauro Ravarino, Il Manifesto

Sechzehneinhalb Jahre für den Manager von Thyssen-Krupp in Turin, für den Deutschen Harald Espenhahn. Verurteilt wurde er wegen des Brands in der Nacht vom 6. Dezember 2007, bei dem sieben Arbeiter ums Leben kamen. Nach den Richtern des Schwurgerichts wurde er der vorsätzlichen Tötung für schuldig befunden.

siehe auch:

Hohe Freiheitsstrafen für Thyssen-Manager in Italien

Im Prozess um einen Arbeitsunfall im ThyssenKrupp-Werk von Turin sind die Urteile gefallen. Im Dezember 2007 waren bei einem Brand mit anschließender Explosion sieben Menschen getötet worden.



Das historische Urteil auf das die Familien der Opfer an diesem Prozesstag lange warten mussten hat ihnen schließlich die erhoffte Gerechtigkeit gebracht. Harte Urteile gab es auch für die weiteren fünf Chefmanager von Thyssen-Krupp. Das Schwurgericht unter Leitung von Maria Iannabelli verurteilte Gerald Priegnitz, Marco Pucci, Raffaele Salerno und Cosimo Caferri zu 13 Jahren und 6 Monate und Daniele Moroni zu 10 Monaten Gefängnis wegen fahrlässiger Tötung.

Dieses Urteil wird Geschichte machen. Es ist ein Präzedenzurteil für die italienische Rechtsprechung. Die Staatsanwaltschaft von Turin hat –bisher beispielslos in ähnlichen Fällen- auf vorsätzliche Tötung plädiert, anstatt wie es bei Arbeitsunfällen bisher immer der Fall war auf fahrlässige Tötung.

Der Staatsanwalt Raffaele Guariniello, der eine lange Erfahrung aus ähnlichen Prozessen hat, beantragte 16einhalb Jahre für den Leiter der Stahlgruppe und das Gericht folgte diesem Antrag. Stark war sein Kommentar: “Es ist der größte Sprung in der Geschichte der Rechtsprechung über Arbeitsunfälle. Das gibt den Arbeitern Hoffnung und zwingt die Unternehmer zum Nachdenken. Alle unsere Anträge sind angenommen worden, aber eine Verurteilung ist weder ein Sieg noch ein Fest. Besser wäre es, solche Prozesse zu vermeiden.” Guariniello kommentierte abschließend das Urteil: “Es ist ein Geschenk, das wir dem Präsidenten der Republik machen wollen.”

Die juristische Formel der Verurteilung war der “bedingte Vorsatz”: Der Tod der sieben Arbeiter von Thyssen, die in einem “außergewöhnlichen Flammenmeer” verbrannten (Zeuge war der einzig Überlebende Antonio B.), das im Bereich 5 des Stahlwerks ausbrach, ist –laut Anklage- der bewussten Vernachlässigung der Brandschutzmaßnahmen geschuldet. 

Thyssen hatte einige der besten italienischen Anwälte aufgeboten, um die Anklage der vorsätzlichen Tötung zu entkräften. Staranwalt Franco Coppi führte aus, dass man den Manager eines Stahlwerks nicht in die Nähe eines Verbrechers rücken könne, der nach einem Raub wild um sich schießt. Seine anwaltlichen Kollegen des Strafrechts gingen noch weiter: Andrea Garaventa sprach von einem “politischen Prozess”, Nicoletta Garaventa von “Rachegefühl” und “an den Pranger stellen”, Mauro Audisio von “Voreingenommenheit”. 

Aber die Crew der Staatsanwaltschaft unter Leitung von Guariniello, wich nicht zurück: “wenn der bedingte Vorsatz in diesem Fall nicht existiert, dann gibt es ihn nie…, denn gerade in diesem Fall war der Wille vorhanden, das Risiko in Kauf zu nehmen.”  

(auszugsweise Übersetzung: Il Manifesto, Roberto Greco)

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