Autor: Marco d’Eramo
Quelle: Il Manifesto
Mit Feuer spielt man nicht. Das wussten schon die ersten Menschen. Aber die Regierenden unserer Zeit haben das vergessen. Sie treiben ihr übles Speil mit Feuer, das mörderischer, und “allein greller als tausend” Feuer ist, so definierte es der Vater der Atombombe Robert Oppenheimer, indem er die Veda zitierte.
Das, was im Atomkernkraftwerk Fukushima, das 250 km nördlich von Tokyo liegt, geschah (und noch geschieht) lehrt uns, dass auch die sichersten Anlagen, die nach strengsten Normen der Sicherheit gebaut wurden, vor potentiellen Unfällen durch eine Katastrophe nicht geschützt sind. Dies gilt insbesondere in Regionen starker seismischer Aktivitäten wie Japan, Italien oder die Türkei. Wie titelte El Pais: Fukushima ist der schwerste Nuklearunfall nach Tschernobyl, der gerade das 25jährige erreicht.
Die gestrigen Nachrichten überschlugen sich, waren konfus und widersprüchlich, auch weil im Falle der Kernschmelze, im Nukleus des Reaktors, die Evakuierung der gesamten Megalopoli Tokyo, mit ihren 36 Millionen Einwohnern, hätte erfolgen müssen. Stattdessen wurden “lediglich” 45000 Personen in der Sicherheitszone evakuiert, die auf einen Radius von “nur” 20 km erweitert wurde (eine Fläche von 1260 qkm, gleich der Größe der Stadt Rom, welche die größte Stadt Europas ist). Laut internationaler Atombehörde, präparieren die japanischen Behörden ungeheuerliche Mengen an Jodtinktur, um die Schilddrüse vor den Effekten der Strahlung zu schützen.
Zu hoffen ist, dass wenigsten die beruhigenden Kommuniqués der Tokyo Electric Power der Wahrheit entsprechen. Das Erdbeben und der noch tödlichere Tsunami, der Honshu, die größte Insel des japanischen Archipels, verwüstete, bringen die Anmaßungen einer technologischen Omnipotenz unserer Spezies wieder mit den Füßen auf die Erde (wenn auch unter Zuckungen). Eine geringe Regung unseres Planeten reicht aus, um eine Gesellschaft zu erniedrigen, die sich vor solchen Eventualitäten mehr oder weniger geschützt wähnt. Eben dies ist die erschreckendste Komponente des Erdbebens und dem daraus resultierenden Schaden in der Nuklearanlage, die ohne die nötige Sorgfalt erbaut wurde.
Wir haben es mit einer Havarie der Fahrlässigkeit zu tun, denn dass Japan seismisches und von Tsunamis aufgesuchtes Gebiet darstellt, ist wohl kein Geheimnis. Dennoch hat die dominante Klasse im Namen der “nationalen Energie-Unabhängigkeit” beschlossen, gut 55 Reaktoren in 17 Gebieten eines kleinen Landes zu errichten, das kaum größer als Italien ist, jedoch dichtbesiedelt, mit seinen 127 Millionen Einwohnern. Und es reicht ihr nicht in der Nähe Tokyos, in Fukushima Daichi, 6 Reaktoren (außer den 4 Reaktoren des Komplexes Fukushima Dani) zu setzen, sondern sie planen bis 2014 dort weitere 7 Reaktoren zu bauen.
Die Griechen der Antike hatten einen präzisen Begriff für diese menschliche Anmaßung: die Hybris. Jedoch für die Nemisis dieser technologischen Hybris braucht es nicht einmal der Götter des Olymp. Unvorstellbar wie viel leidenschaftliche Liebe eine Nation für die Atomkraft hegt, welche die ersten Atombomben zu spüren bekam.
(Übersetzung Roberto Greco)