France: Der fünfte Tag der Straße

Nein zur Reform von Sarkozy

von Luca Sebastiani/Übersetzung Günter Melle
Quelle: L’Unità

Wachsamkeit, Vorsicht, Besonnenheit. In diesen Stunden scheinen die Männer im Elysee-Palast das gesamte Spektrum eines moderaten Lexikon zu bemühen, was im seltsamen Kontrast zu dem noch vor einer Woche theatralischen Enthusiasmus steht. Präsident Sarkozy wähnte da noch das erreicht zu haben, was bisher niemand vor ihm geschafft hat: eine Rentenreform zu verabschieden, ohne vor der Straße und der Inszenierung sozialer Spannungen zurückzuweichen, in dessen Orchester die Franzosen Meister sind.  Nun aber hat die Musik gewechselt, auch wenn sich der Staatschef  zuversichtlich gibt. Jedoch die Hoffnung im Elysee, dass sich die Bewegung tot läuft,  geht nicht auf, im Gegenteil: sie gewinnt an Qualität.Mobilisierung

Auch gestern haben die Gewerkschaften zum fünften Mal  in eineinhalb Monaten 3 Millionen Menschen auf die Straße gebracht, um die Regierung aufzufordern, im Senat die Reform zu stoppen, die das Rentenalter von sechzig auf zweiundsechzig Jahre erhöht und einen runden Tisch zu eröffnen.  Sicherlich war die Teilnahme ein wenig niedriger im Vergleich zum vergangenen Mittwoch, jedoch unbeachtet aller Zahlenspiele haben die Gewerkschaften gezeigt, dass sich die Protestbewegung mit dauerhafter Handschrift ins soziale Panorama geschrieben hat. Nicht die Zahlen, sondern der Wechsel in der Gangart und der Qualität, welche die Gewerkschaftskonföderationen der Bewegung verordnet haben, sind eine Gefahr, welche Sarkozy und seine Regierung zur Vorsicht drängen.

Das Klima ist in diesen Stunden aufgeladen und voller Spannung. Das Gespenst der großen Streiks von 1995, die das Land lahmlegten,  geht erneut in Frankreich um. Alle zwölf Raffinerien des Landes sind seit Freitagmorgen in Streik. Die Terminal der Häfen sind seit Tagen blockiert, die Kohlengruben in ganz Frankreich besetzt. So manche Tankstelle ist schon zum Schließen gezwungen worden und der Andrang an den Zapfsäulen ist, aus Angst keine offene mehr zu finden, in den letzten zwei Tagen um 50% gewachsen. Auch auf den Flughäfen Roissy und Orly geht das Kerosin aus, da seit Freitag die Ölleitung gesperrt ist.

Angesichts dieser Entwicklung hat Sarkò den Verhandlungspielraum aktiviert, indem er die Reserven freigab, einige Depots durch die Ordnungskräfte räumen ließ und v.a. in Italien Vorräte besorgte. Am meisten beunruhigt ihn, dass die Schüler sich den Streiks angeschlossen haben. Außer der Beteiligung an den Demonstrationen und der Besetzung einiger hundert Schulen, könnten die Gymnasiasten zur Reserve der Bewegung werden.

Arrêt Total ! C’est parti !

Ce matin le lycée a été bloqué

 

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