Im Rahmen der Veranstaltungen zur Woche der Solidarität in Mulhouse waren Marco und Rainer als Vertreter der Erwerbslosen Südbaden in der Verdi Gewerkschaft am Donnerstag, 14.10.2010, bei den an diesem Tag stattgefundenen Vorträgen zu internationalen Themen dabei. Hier ihr Bericht:
Die ersten Vorträge befassten sich mit der Situation der Sinti und Roma in Ungarn.
Eine ungarische Vertreterin der ziganistischen Selbsthilfeorganisation „Freelive“ berichtete über die Benachteiligungen von Sinti und Roma in Ungarn am Arbeitsmarkt wie auch über ihre Rolle des Sündenbocks.
Sie versuchen, über ein Projekt zumindest jugendlichen Roma Perspektiven zu bieten, indem diese in ihren Einrichtungen wohnen und dort Qualifikationen für den Arbeitsmarkt erhalten. Dazu zeigte Sie uns Filme über das Projekt. Sie berichtete auch über die zunehmenden Probleme seit Regierungsantritt der offen anti- ziganistisch auftretenden Parteien Fides u.a., die sich in Mittelkürzungen und dem Verbreiten von Vorurteilen äußern.
Ein weiterer Vortrag wurde von einer Mitarbeiterin des Sozial- und Jugendamtes Freiburg zu den Unterstützungsleistungen dieser Institution gehalten. Dies ergab sich aus dem Charakter der Veranstaltung als offizielles Symposium, dass auch von der Stadt Mullhouse gesponsort wurde. Selbstredend wird in diesem Beitrag nicht auf die Problematik des Bezugs von Hartz IV oder Sozialhilfe eingegangen, sondern es wurden die Möglichkeiten des Förderns insbesondere für Jugendliche erläutert.
Damit jedoch nicht der Eindruck eines tollen Wohlfahrtsstaates bei unseren französischen Freunden entsteht, haben Rainer und Marco in Ihren Redebeiträgen auf den Zwangscharakter und die erbarmungslosen Sanktionen hingewiesen, die dieses Konzept des Forderns und Förderns vorsieht.
Nach dem gemeinsamen Mittagessen in einem Restaurant, das durch benachteiligte Behinderte bekocht wird, berichtete eine Mitarbeiterin der Düsseldorfer Straffgefangenenhilfe über Ihre Tätigkeit. Sie ist dort für die französischsprachigen Häftlinge zuständig, die dort u.a. im Normalvollzug, aber auch als Abschiebehäftlinge interniert sind. Dieses doch sehr diffizile Gebiet der Sozialarbeit ist unseres Erachtens das wohl am meisten reglementierte, da hier ja der Gedanke der Strafe und der Resozialisierung zusammen gebracht werden müssen. Focault würde sicher sagen, nicht der Gefangene ist das Problem sondern die Gesellschaft, die ihn einsperrt.
Unser Redebeitrag, den Marco hielt, hat sich aufgrund des in dem Beitrag der Stadt Freiburg bereits Gesagten nicht so sehr mit der Beratungssituation befasst, sondern mit den politischen Folgerungen des Paradigmenwechsels, weg vom rechtsstattlichen Wohlfahrtsstaates hin zum neoliberalen Almosenstaat. Hier haben wir darauf hingewiesen, dass mit dem Wegfall jeglichen Berufschutzes und dem Zwang, jede Arbeit zu jedem Preis anzunehmen, insbesondere ein Niedriglohnsektor installiert wurde, der auch in den Einsatzstellen für die sogenannten Arbeitsgelegenheiten ( 1 Euro Jobs) zu massiver Verdrängung regulär Beschäftigter führte und führt. Dass dies zur Senkung der gesellschaftlichen Reproduktionskosten im öffentlichen Dienst, der Pflegeversorgung usw. im Interesse der multinationalen Exportindustrie so vorgesehen war, haben unsere Freunde und Kollegen in Mullhouse sicher verstanden.
Wir hoffen das sich unsere Beziehungen zu Mullhouse auf der Basisebene durch gegenseitiges besseres kennen lernen weiter vertiefen werde.