Die Ver.di-Erwerbsloseninitiative Freiburg stellt fest:
„Bürgerarbeit“ ist kein geeignetes Mittel gegen die Arbeitslosigkeit
Gefahr für den „ersten Arbeitsmarkt“
Freiburg. Seit einigen Wochen berichtet die Presse in Südbaden von den ARGEn (Arbeitsgemeinschaften), in Freiburg und Emmendingen sowie der GAL (Arbeitsgemeinschaft Grundsicherung für Arbeitssuchende im Landkreis Lörrach) und der Kommunalen Arbeitsförderung Ortenaukreis die sich für das neue Modellprojekt „Bürgerarbeit“ das die Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) entwickelt hat, beworben haben und auch bereits Zusagen haben. Die ver.di Erwerbsloseninitiative Freiburg und der ver.di Erwerbslosenausschuss haben sich in ihren letzten Sitzungen mit dem Projekt „Bürgerarbeit“ auseinandergesetzt und halten es insgesamt für sehr problematisch weshalb es auch deutlich abgelehnt wird.An den entsprechenden Pressemitteilungen der Argen und der GAL kann man erkennen, dass das Projekt im Vorfeld auch und vor allem dazu genützt werden soll, eine deutlich größere Anzahl von Langzeitarbeitslosen in die vorgeschaltete sechsmonatige Aktivierungs- und Vermittlungsphase
einzubeziehen, als danach Bürgerarbeitsplätze zu Verfügung gestellt werden sollen. So in etwa bei der GAL 600 bei 200 genehmigten Bürgerarbeitsplätzen in Emmendingen 100 bei 45 genehmigten Plätzen und in Freiburg 750 bei 250 genehmigten Plätzen. Insgesamt gelte bei
allen in der Öffentlichkeit vorgestellten Projekten in Südbaden, dass diese Gruppe ausgewählter Langzeitarbeitsloser sich auf mehr Termine bei den jeweiligen Arbeitsgemeinschaften einstellen muss, noch mehr Bewerbungen zu schreiben sind und zusätzliche Qualifizierungen, die bisher aber
nicht detailiert beschrieben werden, machen sollen. Hier bereits setzt die Kritik der Betroffenen an: Im Prinzip soll das gemacht werden, was schon jahrelang Gesetzesvorschrift ist ohne zu einem Erfolg zu führen. Es besteht die Befürchtung, dass der Druck auf die Betroffenen noch stärker wird und außer Frust auf beiden Seiten zum Schluss außer einer rechnerischen Verbesserung der Statistik, wieder nichts dabei rauskommt. Die deutlichste Sprache spricht dabei der zuständige Bereichsleiter Alexander Merk bei der ARGE Freiburg: „Ziel ist immer eine reguläre Stelle auf dem ersten Arbeitsmarkt, die Bürgerarbeitsplätze sind der Notnagel für die Übriggebliebenen.
„Wenn Langzeitarbeitslose die seit Jahren regelmäßig Eingliederungsvereinbarungen unterschreiben und hunderte Bewerbungen geschrieben haben, auch an zusätzlichen Qualifizierungen teilnahmen,
das lesen, ist ihnen nicht zu verdenken, dass sie die Bürgerarbeit kritisch sehen“, meint der stellvertretende Geschäftsführer der ver.di Südbaden und dort zuständig für die Personengruppe der Erwerbslosen. „Der Vergleich mit den sogenannten 1-Euro-Jobs drängt sich da förmlich auf; er habe
noch nie erlebt, dass aus einem solchen ein regulärer Arbeitsplatz geworden sei“, meinte Faißt, und äußerte die Befürchtung, dass das auch bei der Bürgerarbeit nicht anders sein wird. Diese solle zwar anders als die „1-Euro-Jobs“ mit Tarifentgelt bezahlt und sozialversicherungspflichtig sein.
Aber einen Anspruch nach drei Jahren wieder in das Arbeitslosengeld 1 zu kommen, solle daraus nicht begründet werden. Auch die tarifliche Bezahlung, befürchten die Betroffenen in den ver.di Erwerbslosengremien, steht erst einmal auf dem Papier: Es gibt begründete Befürchtungen, dass die durch die Bildung von Beschäftigungsträgern, die eben nicht tarifgebunden sind, in Form einer Arbeitnehmerüberlassung umgangen werden soll. Nicht von der Hand zu weisen sind auch Befürchtungen, dass wie bei den 1-Euro-Jobs bei der Zusätzlichkeit dann nicht mehr so genau hingeschaut wird und tendenziell doch ganz normale Jobs verdrängt werden. Diese Gefahr für den ersten Arbeitsmarkt könne man – wie bei den 1-Euro-Jobs – nicht wirklich von der Hand weisen. Bereits dort seien Langzeitarbeitslose bei der
Müllbeseitigung, bei Archivarbeiten, beim Schneeschippen und in Museen eigesetzt worden. An der Zusätzlichkeit dieser der Jobs haben wir große Zweifel, meinen die Erwerbslosen in ver.di. Immerhin arbeiten dort bereits 1-Euro-Jobber Hand in Hand mit ganz normalen Beschäftigten dieser Bereiche und sorgen so dafür, dass ganz normale Stellen aus Spargründen von den Kommunen mit solchen Stellen des zweiten Arbeitsmarktes besetzt werden, und ganz normale ordentliche Beschäftigung verdrängt wird.
Fördergelder von 1080 Euro bei einer 30-Stunden-Woche und 750 Euro bei einer 20-Stunden-Woche machen auch die Bürgerarbeitsplätze für die Kommunen und andere Einrichtungen mehr als lukrativ. Wie viel davon dann tatsächlich bei den Bürgerarbeitern landet, ist im Moment nicht zu überschauen.
Nach den Presserklärungen der genannten ARGEN soll mit der vorgeschalteten „Aktivierung“ bereits jetzt begonnen werden, obwohl in den meisten Fällen die konkreten gemeinnützigen Bürgerarbeitsplätze erst „ausgedacht“ werden müssen dabei sei dann im November „der Kreativität
keine Grenzen gesetzt“ wie Merk von der Freiburger ARGE es ausdrückt. „Müll sammeln, Schnee räumen und Wache halten im Museum seien aber durchaus mögliche Einsatzmöglichkeiten,“ meint er.
Mit solchen Programmen werden Hoffnungen geweckt, die zum Schluss nicht haltbar sind, und dann werden – wie bei Herr Merk – zum Schluss aus „Kunden“ bei der ARGE „Übriggebliebene“ die nach einem „Notnagel“ greifen müssen, weil Ihnen ansonsten Sanktionen angedroht werden, meinen die
Erwerbslosen in ver.di, und lehnen deshalb die Bürgerarbeit ab. Dass diese trotzdem kommt, bezweifeln die Betroffenen nicht, wollen sich aber in ihren Treffen und in der, für Erwerbslose ver.di-Mitglieder jeden Donnerstag von 15-17 Uhr im DGB-Haus in Freiburg angebotenen Beratung, sehr gründlich damit befassen und die Erfahrungen von Betroffenen sehr genau dokumentieren.